Verkehr raus, aber wie?
Gemeinde Gräfelfing ringt um Verkehrskonzept
Der Gräfelfinger Gemeinderat hatte sich extra zu einer Klausurtagung zurückgezogen, um sich konzentriert der Mammutaufgabe „Verkehrskonzept“ zu widmen. Das Thema beschäftigt den Rat schon seit vielen Jahren, nicht zuletzt gab es 2013 einen Bürgerentscheid zur Umgehungsstraße 2063neu, wobei eine kleine und eine große Variante zur Auswahl standen. Beides lehnten die Gräfelfinger damals ab. Seither ist nicht viel passiert.
Zur Klausurtagung nahmen sich die Ratsmitglieder nun des Themas an, wobei sie nach Handlungsfeldern und Zielen für ein Gesamtverkehrskonzept suchten. Im Anschluss an die Klausurtagung beschloss der Gemeinderat den Aufbau eines „attraktiven, modularen Mobilitätsangebots“, um den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Mit einer örtlichen Entlastungsstraße ausgehend von einem neuen Autobahnanschluss am Gewerbegebiet soll der Verkehr vor allem von der Autobahn aus der Gemeinde gehalten werden. Durchfahrverkehre durch die Wohngebiete sollen zusätzlich unattraktiv gemacht werden.
Entlastungsstraße wie „kleine Variante“ von 2013
Die nun beschlossene kommunale Entlastungsstraße führt wie die „kleine Variante“ der 2063neu von 2013 ausgehend von der A96 am Gewerbegebiet vorbei, kreuzt die Großhaderner Straße und mündet in den Neurieder Weg. Damit würde die Entlastungsstraße noch auf Gemeindegebiet enden. „Knackpunkt“ ist allerdings damals wie heute die Weiterführung ins Würmtal.
Die Orts-SPD zeigte sich in einer Pressemeldung enttäuscht über die Beschlüsse und sieht darin eine Nichtachtung des Bürgerwillens. In der Meldung betont Ortsvorsitzender Dieter Horch: „Das ist ein so klarer Verstoß gegen den Willen der Gräfelfingerinnen und Gräfelfinger beim Bürgerentscheid vom 21.April 2013, als sich eine Zweidrittelmehrheit gegen eine solche Straße aussprach. Dieser Bürgerwille soll nun mit dem jüngsten Gemeinderatsvotum für eine sogenannte Entlastungsstraße, die nichts anderes darstellt als eine Schmalspurversion der damaligen MEGA-Variante, einfach nicht mehr gelten. Besonders bezeichnend dabei ist die Kurswende von IGG und den Grünen, die 2013 noch hinter dem Bürgerentscheid standen."
Zudem stellt sich die SPD gegen die massiven Eingriffe in die Natur, gegen Baumfällungen und Flächenversiegelungen für eine neue Straße. „Dass das alles für IGG und Grüne nichts mehr zählt, ist ernüchternd – und entlarvend obendrein", so SPD-Gemeinderat Franz Lang.
Großer Wurf?
Die IGG-Fraktion freute sich über den Beschluss für eine örtliche Entlastungsstraße. Der 2013 abgelehnte Straßenbau sei völlig verschieden vom jetzigen geplanten Straßenbau, meinte die Interessensgemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing (IGG) in ihrer Erklärung. „Die Klausur des Gemeinderates zur Verkehrspolitik am 20. Januar 2018 hat gezeigt, dass es für die Idee der Entlastungstraße eine breite Mehrheit gibt. Das unsinnige Verkehrsprojekt der Umgehungsstraße (2063 neu) wäre damit endgültig vom Tisch“, betonte Klaus Tonte Vorstandsmitglied der IGG und negierte damit die Ähnlichkeiten der beiden Straßenentwürfe.
Erleichterung gab es in den Reihen der CSU-Fraktion. „Die Entlastungsstraße ist das, wofür wir seit 2012 eintreten“, so zweiter Bürgermeister und Fraktionssprecher Peter Köstler. „Wir müssen den Verkehr aus dem Ort bekommen, um die Bürger zu entlasten. Es ist der richtige Schritt. Aber wir müssen konstruktiv weiterdenken.“ Kritisch sehe die Fraktion, dass die Straße ohne ertüchtigte Anschlüsse zur A 96 und nach Martinsried „unnötig volllaufe und wir in absehbarer Zeit wieder die gleichen Probleme haben“, fasste Köstler zusammen. Und: "Während eine 2063neu Staatsstraße geworden wäre mit eindeutiger Finanzierung auf Freistaatseite, haben wir jetzt eine kommunale Entlastungsstraße, deren Finanzierung ganz allein Gräfelfing zu tragen hat.“
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