Der Dialog geht weiter
Auftakt zu Gräfelfinger Forum "Wohnen und Verkehr" mit Bürgern und Fachplanern
"Wir gehören auch zur Gartenstadt Gräfelfing. Glauben Sie nicht, dass wir uns alles gefallen lassen!“ Bürger der Heitmeiersiedlung protestierten zur Infoveranstaltung gegen Massivbebauungspläne und Verkehrschaos. Fachplaner und Bürgermeisterin Uta Wüst versuchten, die vielen Fragen zu beantworten. Bei den nächsten Dialogveranstaltungen im Juli und Oktober sollen die Planungen gemeinsam fortgesetzt werden. (Bild: us)
Mit einem neuen Format der Bürgerbeteiligung möchte die Gemeinde Gräfelfing die Themen Wohnen und Verkehr angehen. Demnach sollen Fachplaner, Rathausmitarbeiter und Bürger gemeinsam diskutieren, wo welche Maßnahmen zur Verkehrsbewältigung und zum Wohnungsbau stattfinden könnten. Im Idealfall könnte man sich auf eine Prioritätenliste einigen und diese in die Bauleitplanung einarbeiten.
„Wir haben uns das neue Format sehr gut überlegt“, erklärte dazu Sabine Strack, die im Rathaus für Wirtschaftsförderung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Die Themen sind wahnsinnig emotional und vielschichtig. Wir möchten die breite Palette der Meinungen einfangen und in die Planungen integrieren. Und wir wollen auch wissen, warum manches als bedrohlich empfunden wird und manches nicht funktionieren würde, obwohl die Fakten etwas anderes sprechen.“
Wohnraum für Ortsansässige
Gemeinsam mit Bürgermeisterin Uta Wüst, ihrem Kollegen aus dem Bauamt, Markus Ramsauer, und den beiden Planern Christian Schwander und Helmuth Ammerl stellte sie sich den Fragen der Bürger in der ersten Dialogveranstaltung dieser Art. „Die Gemeinde braucht Wohnraum, und zwar bezahlbaren. Wir können die verschiedenen Gemeindegebiete nicht isoliert betrachten, deswegen suchen wir den Dialog mit allen Bürgern“, so Wüst. Ihr Credo lautete „Wohnraum schaffen für Ortsansässige“. „Dafür suchen wir Lösungen.“ Gleichzeitig soll der Verkehr aus den Wohngebieten gezogen werden, "ob mit einer kurzen oder langen Entlastungsstraße steht noch nicht fest."
Eine Überlegung zum Wohnungsbau sei die Erweiterung der Heitmeiersiedlung, um Wohnraum für rund 900 Neu-Heitmeieraner zu schaffen. Dies stieß schon im Vorfeld auf heftige Kritik, auch wenn die Erweiterung in kleinen Schritten bis 2030 vollzogen werden soll. Zur Dialogveranstaltung kamen die Anwohner mit Protestschildern – vor allem mit Slogans wie „Erst denken, dann bauen!“ – und brachten eine Stellungnahme zum „Mammutprojekt“ mit.
„Erst denken, dann bauen!“
„Wir wohnen laut und abgeschieden, ohne Laden und ohne Kindereinrichtungen. Unsere Siedlung hat viele Nachteile. Die Vorteile, dort zu wohnen, liegen im besonderen Charakter und der nachbarschaftlichen Nähe“, charakterisierte Anette Lippert als Sprecherin der Anwohner die Siedlung. Eine Bebauung im großen Stil mache den besonderen Charakter kaputt. „Wir sind ein Dorf im Dorf, ein Enklave des Ortsteils Lochham“, meinte ein weiterer Anwohner, „aber wir gehören auch zur Gartenstadt Gräfelfing. Glauben Sie nicht, dass wir uns alles gefallen lassen!“
Besonders das fehlende Verkehrskonzept brachte die Bürger auf. „Wir haben nur zwei Straßen, schon dort geht es eng zu. „200 Prozent mehr Leute mit ihren Autos ist ein Horrorszenario für die winzigen Straßen. Wie soll das funktionieren?“ Weder die Versicherungen von Schwander keine Trabantenstadt à la 70er Jahren bauen zu wollen, noch Ammerls Ausführungen zu Verkehrszählungen sorgten für Beruhigung. Wüst appellierte an die Bürger: „Bitte schreiben Sie Ihre Ideen und Kritikpunkte auf, damit wir diese in Ruhe in der Verwaltung auswerten können. Bisher haben wir noch keine Planung. Wir machen uns nur viele Gedanken, in welche Richtung sich Gräfelfing entwickeln könnte.“
Kritik an Veranstaltung
Der Gräfelfinger SPD-Ortsverein empfand die Veranstaltung als Blamage, da zunächst nur die Bürgermeisterin das Wort hatte, Fragen nicht erlaubt waren und später in kleinen Gruppen diskutiert werden sollte. Erst nach vielen Protesten während der Veranstaltung bekamen die Anwohner das Wort. In einer SPD-Presseerklärung sprach Ortsvorsitzender Dieter Horch von einer „zum Teil emotional geladenen Protestveranstaltung“ und „gartenstadt-widrigen Planungen für die Erweiterung der Heitmeiersiedlung und der sogenannten Entlastungsstraße“.
„Wir brauchen einen demokratischen und ehrlichen Führungsstil“, so Horch in der Erklärung weiter. Er sprach sich gegen die Spaltung der Gemeinde aus, forderte die Respektierung des Bürgerwillens aus dem Bürgerentscheid 2013, wonach keine Umgehungsstraße gebaut werden sollte, und betonte „Wir stehen für eine soziale Gartenstadt!“
Die Präsentationen zur Dialog-Veranstaltungen sind auf der Webseite der Gemeinde www.graefelfing.de einsehbar. Dort finden sich auch die Termine für die weiteren Veranstaltungen zum Bürgerdialog: am 17. Juli sowie am 10. Oktober mit Beginn jeweils um 19 Uhr im Bürgerhaus Gräfelfing.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH