Nachruf auf Josef Jägerhuber
Der Starnberger "Wetterprophet" starb im Alter von 92 Jahren
Trauer um Josef Jägerhuber. Der Starnberger Hobbymetereologe, der weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt war, wurde am letzten Freitag am Friedhof St. Josef beerdigt. Zu Jahresbeginn kamen in die Redaktionen nicht wie sonst seine fein säuberlich getippten Jahresprognose, man ahnte, dass er gesundheitlich angeschlagen war. Täglich hatte er seine Aufzeichnungen über das Wetter in einen Kalender eingetragen, dazu ging er zu einer Station auf seinem Balkon und zu einem Niederschlagsmesser im Garten. Seit 1960 verfuhr er so. „Einfach, weil es mein Hobby war“, sagte er. Im Lauf der Jahre wurde Jägerhuber wegen seiner Treffsicherheit immer bekannter, erst galt er nur bei den Landwirten als Geheimtipp, dann standen die Journalisten und TV-Sender bei ihm Schlange.
Die Zeitungen standen Schlange
Mit Jägerhuber ist aber nicht nur ein Wetterprophet, sondern ein unersetzlicher Zeitzeuge der Starnberger Heimatgeschichte verschwunden. Was für bewegte Zeiten er mitgemacht hat, erzählte er einmal dem 5-Seen Wochenanzeiger gegenüber. Jägerhuber, Jahrgang 1926, wurde in der Hauptstraße geboren. Als junger Mann kam er an die Ostfront, überlebte einen Lungensteckschuss. In den letzten Kriegstagen marschierte er mit versprengten SS-Männern Richtung „Alpenfestung“, sah zu seinem Entsetzen, wie die Deserteure aufgehängt wurden. Mit zwei Freunden gelang es ihm zu fliehen, ein Pfarrer versteckte sie im Heustadl, dort stöberten ihn amerikanische Soldaten auf und leuchteten gleich seine Haut ab. „Ich wusste erst gar nicht, was die wollten“, erinnerte er sich. „Die suchten nach der eintätowierten Blutgruppe, wie sie die SS hatte.“ In Maisach kam er in ein Kriegsgefangenenlager und litt viel Hunger. Aber schon im Juli 1945 kam er frei – „Bauern wurden als erste entlassen und ich hatte mich als landwirtschaftlicher Maler gemeldet“ – und lief bis Argelsried zu Fuß heim, die letzten Kilometer nahm ihn ein Laster mit. Zuhause klopfte er an die Tür. Die Oma machte auf und wollte ihn erst wieder wegschicken, so fremd sah er für sie aus. Hinter ihr stand der Vater im Nachthemd und empfing ihn mit folgenden Worten: „Du musst morgen gleich arbeiten gehen, weil keiner sonst da ist, die Entlassungspapiere für die Heimkehrer müssen gedruckt werden.“
Zeitzeuge
Weil der Vater schon 1947 starb, musste Jägerhuber mit 21 Jahren die Druckerei übernehmen und damit große Verantwortung. Zu tun hatten sie jede Menge: Die Lebensmittelmarken mussten fürs halbe Oberland, von Weilheim bis Tölz gedruckt werden. Jägerhuber gab auch die beliebte Zeitung „Land- und Seebote“ heraus, die bis 1990 existierte. Mit Stolz in der Stimme berichtete er, wie er einmal die Herren vom Münchner Merkur heimgeschickt hat, die ihn – mit dem Homburg in der Hand – in den Anfangsjahren in die Knie zwingen wollten. „Ich wusste, ich brauche 2.000 Abonnenten, also bin ich dafür von Haus zu Haus gegangen“, erinnerte er sich. Mit seinen schlohweißen Haaren und dem respektablen Schnauzbart war er eine imposante Erscheinung und am politischen Tagesgeschehen stets höchst interessiert. Als gelernter Schriftsetzer entdeckte er jeden Fehlerteufel und las bis ins hohe Alter die Amtsblätter Korrektur. Ihm und seiner Frau – die er schon vor 20 Jahren verlor – war beim Nachwuchs gleich zweimal doppeltes Glück beschert: einmal Zwillingsbuben und einmal Zwillingsmädchen. Jägerhuber war vielfach ehrenamtlich engagiert, so war er 30 Jahre lang Vorsitzender der Feuerwehr Starnberg, und bekam dafür die Bürgermedaille der Stadt.
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