Das Handicap ist keine Behinderung
Mit dem Mikrofon für einen Audioguide am Starnberger See unterwegs
„Wie kommt das Wasser in den See?“, wollte der 27-jährige Keneth wissen. Genau solchen Fragen gingen acht junge Leute mit und ohne Behinderung nach: vier Bewohner des Wohnheims Prinzenweg der Lebenshilfe und vier Studenten. Gemeinsam machten sie sich mit Aufnahmegeräten auf den Weg durch Starnberg, um für den Audioguide „Hörpfade“ neue Beiträge zu erstellen. Die Idee dabei ist, dass Bürger Geschichten aus ihrem Ort recherchieren, vertonen, Interviews führen und alles zu kleinen Hörstücken zusammenfügen. In Bayern gibt es bereits rund 250 Beiträge auf der „Klingenden Landkarte“ im Netz zu hören, in Starnberg wurden die Hörpfade, die sich auch aufs Handy runterladen lassen, im September von der VHS vorgestellt. Dass auch Menschen mit Behinderung zu Radioreportern werden, war für die Studenten des Studiengangs „Soziale Arbeit“ in Benediktbeuern ein Novum.
Erfolgreiches Inklusionsprojekt
Auf ihrer Tour erlebten die Teams, wie schwierig es ist, Menschen zu bewegen, für eine kleine Umfrage in ein Mikrofon zu sprechen, oder interessante Geräusche einzufangen. „Behinderung“ erlebten die Teams dabei eher durch die Technik oder die laute Umgebung, und weniger dadurch, dass etwa Kevin in seiner ganz eigenen Sprache spricht oder Dominik gerne an die Hand genommen wird, wenn es durch eine Unterführung geht. Für Alina und Antonia bestand das größte Handicap darin, dass sie für ihr Hörstück über die Schifffahrt am See eigentlich gerne einen tutenden Dampfer aufgenommen hätten, der Kapitän aber nur bei drohender Gefahr oder beim Zurückstoßen die Hupe drücken darf. Am Nachmittag erzählten sich alle Teilnehmer erschöpft, von ihren Erlebnissen: wie Kevin und Lisa einen rhythmischen Sprech-Gesang zum See aufnahmen, wie Keneth und Pia herausfanden, dass der Starnberger See früher einmal Würmsee hieß, welchen Geräuschen Dominik und Oli auf dem Weg zum Lieblingscafé begegnete – und wie für Alina und Antonia der Dampfer dann doch noch hupte, weil ein verständnisvoller Kapitän extra für sie ein Rückwärtsmanöver fuhr.
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