Feiern ohne dumme Sprüche
Söckinger Inklusions-Disco gab ihren Einstand
Die Haare fliegen, die Köpfe nicken wild im Takt, die Hände klopfen in rasendem Tempo auf die Holztrommeln ein. Riesenstimmung und glückliche Gesichter bei den jugendlichen Musikern. Schneller und immer schneller singt Erik Berthold den Refrain von „Marmor, Stein und Eisen bricht“ und alle schmettern mit. An diesem Abend hat Berthold gut ein Dutzend junge Leute mit und ohne Behinderung für sein Bandprojekt „Erik & Barrierefrei“ zusammengestellt. Auch das Publikum geht voll mit. Vor allem, wenn Berthold seinen Schlachtruf anstimmt: „Zicke zacke zicke zacke“, dann ruft die Menge begeistert „hoi hoi hoi“ zurück.
Tanzen bringt Menschen zusammen. Das war die Idee der 1. Söckinger Disconacht, die am Samstag über die Bühne ging und sich an Menschen mit und ohne Handicap richtete. In Clubs oder Discos zu gehen, ist Behinderten schon wegen der mangelnden Barrierefreiheit oft verwehrt, manchmal gibt’s auch dumme Sprüche und der Eintritt kostet eine Menge Geld.
Barrierefrei Party machen
Die Einladung wollte aber nicht als „Inklusionsveranstaltung“ um Gäste werben. „Die Idee war, eine Party für alle Generationen zu machen“, erzählt Petra Seidl von der Offenen Behindertenarbeit der Caritas Starnberg. Zusammengetan haben sich für die Veranstaltung der SV Söcking, die Caritas, die Lebenshilfe und der BRK-Kreisverband, Unterstützung gab’s vom Landratsamt, der Aktion Mensch und der Grenzebach-Stiftung.
Der Abend begonnen hatte mit den DJs Thomas und Ralf aus München, die selbst behindert sind. Dann kam Erik Berthold mit seiner Band „Erik & Friends“. Hinter dem Schlagzeug saß Bertholds neunjähriger Sohn Linus, der das Instrument wie ein Profi bearbeitete.
Bürgermeisterband
Highlight des Abends war die Bürgermeisterband „Dr. Schiwagu“ mit Christian Schiller (Herrsching), Manfred Walter (Gilching) und Wolfgang Gum (Seefeld) mit Straßenfegern wie „Proud Mary“. Als Leadsänger hatten sie Claus Angerbauer engagiert, dessen rauchige Stimme Blues-Urgesteinen wie Joe Cocker nicht nachstand. Angerbauer hat selbst eine körperliche Behinderung: er ist seit seinem 35. Lebensjahr blind. Dem Gemeinderat aus Weßling ist es sehr wichtig, für Menschen mit einem physischen oder psychischen Handicap die vollständige Integration voranzutreiben, wie er selbst sagt.
Nichts für Rumhocker
Richtig voll wurde es zwar nicht, dafür ist die Franz-Dietrich-Halle zu groß und zu hoch, aber mit 200 ganz gemischten Leuten war der Abend recht gut besucht. Die Jugend von nebenan war zwar wenig vertreten, dafür schauten Nachbarn vorbei. Für den Eintritt waren nur zwei Euro fällig und das P-Seminar vom Tutzinger Gymnasium servierte leckere Snackteller zum Selbstkostenpreis. Die Stimmung? Da gab’s nichts zu meckern. Nur rumhocken und zuschauen war nichts für die Gäste. Kaum ging die Musik an, stürzten sie auf die Tanzfläche. Jeder – Behinderte, Nichtbehinderte, Rollifahrer - bewegte sich im Rhythmus der Musik, ganz wie es ihm gefiel. Schön wär's, wenn auf die „1. Söckinger Disconacht“ auch eine zweite folgte.
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