Blind vermittelt
Angerbauer: Seit 50 Jahren auf der Bühne
Sein Terminkalender ist voll bis oben, dabei handelt es sich nicht um einen der üblichen Kladden aus Papier, in die man hineinschreibt. Der 65-jährige Musiker aus Weßling ist nämlich seit 30 Jahren blind. Lesen auf die herkömmliche Art ist nicht mehr möglich. Doch dank seiner positiven Grundeinstellung hat Angerbauer nie seine Lebensfreude verloren, geholfen hat auch die Musik. Angerbauer ist nämlich ein begnadeter Gitarrist und landkreisweit für seine rauchige, bluesige Reibeisenstimme bekannt. In diesem Jahr feiert er sein 50. Bühnenjubiläum. Bei dem Konzert im Gilchinger Kult-Café war auch das Fernsehen dabei. Die Weßlinger Autorin und Regisseurin Constanze Hegetusch hat das Leben des Tausendsassas für die Serie „Lebenslinien“ verfilmt. „Mr. Blues“ brachte dort das Publikum zum Toben. Am Keyboard begleitete ihn Klaus Reichardt.
Seit Beginn seiner Musikkarriere trat Angerbauer bereits in verschiedenen Formationen auf. Legendär waren seine Auftritte vor ein paar Jahren als vierter Mann bei der mittlerweile aufgelösten Bürgermeisterband Doktor SchiWaGu, wobei die einzelnen Silben für Christian Schiller (Bürgermeister von Herrsching), Manfred Walter, (Gilching) und Wolfram Gum, (ehemaliger Bürgermeister von Seefeld) standen.
5. Mai: Protestmarsch in Starnberg
Angerbauer ist auch politisch aktiv. 2008 zog Angerbauer für die SPD in den Gemeinderat ein und sitzt dort bis heute am Ratstisch. Mittlerweile hat er zu einem Umdenken seiner Ratskollegen beigetragen. Egal ob eine Straße oder ein Übergang geplant sind, Angerbauer braucht nichts mehr zu sagen, seine Ratskollegen und -kolleginnen achten jetzt selbst darauf, dass sich in der Gemeinde auch blinde, gehörlose oder Menschen mit anderen Behinderungen zurecht finden können.
Angerbauer setzt sich landkreisweit als ehrenamtlicher Vorsitzender der ARGE (Arbeitsgemeinschaft für Behindertenfragen im Landkreis Starnberg) für die Belange der Menschen mit Handicap und die Inklusion ein. Dazu gehört nicht nur Barrierefreiheit, sondern auch „Akzeptanz im Sinne des Gleichstellungsgedankens“. Vor ein paar Jahren hat Angerbauer in einem Interview folgendes Resümee gezogen: „ich konnte die anfängliche Skepsis, ob ein Mensch ohne Sehvermögen dieser Herausforderung begegnen kann, mit wachem Interesse, gewissenhafter Themenaufbereitung, großem Engagement und Fleiß beseitigen“.
Um die Gleichstellung aller Menschen durchzusetzen und auf eine barrierefreie Mobilität zu drängen, lädt die ARGE unter dem Motto „Tempo machen – Barrierefreier Bahnhof ¬ jetzt sind wir am Zug“ am 5. Mai zu einem Protestmarsch auf den Starnberger Kirchplatz ein. Start ist um 15 Uhr, um 16 Uhr ist die Schlusskundgebung geplant.
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