Nicht nur zu Weihnachten
Renovierte Wagner-Jahreskrippe kehrt zurück
Bis vor einigen Jahren war die Krippe des Germeringer Künstlers Josef Wagner ein beliebter Blickfang am Eingang der Sankt Johannes Bosco Kirche. Das ganze Jahr über konnten die Gläubigen die detailreich gestalteten Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament, der Apostelgeschichte und dem Leben von Heiligen betrachten. Die Darstellungen änderte Wagner regelmäßig entsprechend der Liturgie des kirchlichen Jahreslaufs. Nachdem Josef Wagner in ein Seniorenheim nach Moosburg gezogen war, war der Schaukasten verwaist und die Figuren lagen verpackt auf einem Dachboden. Dank der Initiative von Bezirksrätin Gabriele Off-Nesselhauf und des Fördervereins für Heimatpflege gelang es vor einem Jahr die komplette Krippe mit ihren etwa 300 handgeschnitzten Figuren und Kulissen von Familie Wagner zu erwerben. Bis das Krippenteam des Heimatpflegevereins die „Bergpredigt“ als erste Krippenszene wieder aufbauen konnte, waren rund 500 Arbeitsstunden notwendig, um beschädigte Figuren zu renovieren, fotografieren, katalogisieren und zu archivieren. 1.000 Euro gab es dafür aus dem Fördertopf für Projekte der Denkmal-, Kultur- und Heimatpflege vom Bezirk Oberbayern.
Bis ins kleinste Detail
Seit kurzem können sich die Germeringer wieder an ihrer Krippe erfreuen. Bei der Präsentation der renovierten Krippe lobte Diakon Benno Saruba die künstlerische Begabung und die tiefe Religiösität Josef Wagners. Bis ins kleinste Detail habe sich der Künstler an seine Vorlagen aus der Bibel gehalten. So sind beispielsweise die sechs steinernen Wasserkrüge, die Jesus als Gast einer Hochzeitsfeier in Kana in Wein verwandelt hatte, ebenfalls in Miniatur in der Wagner-Krippe zu sehen. Einige Krippenbilder stechen besonders hervor. Bei der „Sendung der Apostel“ habe Wagner die naturalistische Sicht verlassen. „Im Hintergrund sehen wir Pyramiden, eine mitteleuropäische – vielleicht bayerische – Kleinstadt, in der Mitte den Petersdom und rechts eine moderne Großstadt – vermutlich New York“, erklärte Saruba.
Sogar nach Israel gereist
Fritz Drexler vom Heimatpflegeverein erinnerte in seinem Vortrag an den 1929 in Germering geborenen Josef Wagner. „Schon in seiner Kindheit konnte er gut schnitzen und erlernte den Beruf des Tischlers.“ Früh begann er sich für Krippenbau zu interessieren. Seine erste Krippe stellte er in der Marquard-Kapelle in Germering aus. Dann schnitzte er für die Sankt Johannes Bosco Kirche. Regelmäßig erweiterte Wagner seine Krippenszenen. „So entstanden in etwa 50 Jahren an die 500 verschiedene Darstellungen.“ Wagner sei sogar nach Israel gereist, um sich Originaleindrücke für seine Szenen zu verschaffen
Für seine etwa 30 Zentimeter großen Figuren hat Wagner die Körper aus Buchen- oder Lindenholz ausgesägt und mit Drahtstücken zusammengesetzt. Die Gliedmaßen und die handgeschnitzten Füße und Köpfe wurden dann mit Draht verbunden . „Auch die Kleider hat Josef Wagner selbst genäht. Er hat hierzu Schnittmuster entworfen und meist Stoffe mit orientalischem Muster verwendet.“ Zum Schluss wurden Kopf, Hände und Füße bemalt. Für die Darstellung der einzelnen Szenen bastelte Wagner herrliche Landschaften mit Pflanzen, Häusern und vielen Tieren, vor allem Esel, Schafe und Pferde.
Josef Wagner ist in seiner neuen Heimat übrigens immer noch künstlerisch tätig. „Für sein Altersheim hat er bereits 15 Bilder gemalt, die in den Fluren zu sehen sind“, wusste Drexler.
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