Was bleibt ist der Indianer
Drei Generationen und doch die gleichen Werte
Drei Generationen und doch eine Meinung: Julia Fehenberger, Daniel Krist, Bufdi Leonhard Stechow und Heike Vogt (hintere Reihe), Milena, Maxi, Stefan Fehenberger, Uschi Wolfenstetter (Mitte) sowie Inge Nieder, Theo Nieder, Mira und Anneliese Dittlein sind sich einig, dass der Wald in den letzten 50 Jahren und auch in den nächsten 50 Jahren einer der schützenswertesten und wichtigsten Orte sein wird. (Bild: Huss-Weber)
Drei Generationen - drei Meinungen? Weit gefehlt. Anlässlich unseres Jubiläums trafen sich im MuKuNa-Kindergarten drei Generationen: Der 83-jährige Theo Nieder und der 5-jährige Max diskutierten über die Vielfalt des Waldes und sinnierten darüber, was man machen muss, damit die Welt in 50 Jahren noch genauso schön ist wie heute.
Fliegeralarm?
"So wie heute die Kinder im MuKuNa Waldkindergarten den Wald kennenlernen, haben wir ihn nie kennengelernt", erzählt Theo Nieder. Der Wald sei für ihn in seiner Kindheit zwar eine zweite Heimat gewesen, aber dies nur, weil er wegen des ständigen Fliegeralarms im Krieg öfters einmal dort hineinflüchten musste. "Fliegeralarm?", frägt der 5-jährige Maxi. Er wächst in einer Zeit auf, von der Theo Nieder als 5-Jähriger nur hätte träumen können und genau das schätze der 83-Jährige besonderns: dass Kinder heute unbeschwert aufwachsen können. "Wir haben bei einem solchen Alarm die Zeit im Wald genutzt und gelernt, was es dort gibt", blickt er zurück. Anschließend, wenn der Hunger noch allzu groß gewesen sei, hätten sie bei nahegelegenen Bauernhöfen nach einem Stück Brot gefragt - heute eine völlig unvorstellbare Situation.
Wildwuchs
Wo heute Kiss&Ride-Zonen errichtet werden, damit Mütter ihre Kinder bequem mit dem aklimatisierten Pkw vor der Schule abliefern können, musste Anneliese Dittlein erst einmal drei Kilometer zu Fuß zur Schule gehen. "Jeden Tag sind wir in die Schule marschiert, bei Wind und Wetter. Und das Ganze natürlich wieder zurück", sagt sie. Die Kindergartenkinder Milena und Maxi genießen hingegen schon einen anderen Luxus. Heike Vogt, Sozialpädagogin im MuKuNa-Kindergarten fährt zum Beispiel selbst immer mit dem Fahrrad und würde sich ebenfalls wünschen, dass mehr Menschen auf den Drahtesel wieder umsteigen.
"Viele wollen alles haben"
Konsum - alles haben wollen - Prestige: Bei diesen Schlagwörtern sind sich die Gesprächsteilnehmer einig: Der Verbrauch der Menschen hat sich in den letzten 50 Jahren deutlich geändert. "Als ich ein junger Bursche war, hatte vielleicht einer im Dorf einen Fernseher. An dem hat 1954 die halbe Gemeinde dann die WM verfolgt", erzählt Theo Nieder. "Heute stellt man fest, dass jeder viele Klamotten, ein Smartphone, ein teures Auto und viele viele Dinge für das Leben scheinbar braucht", wirft Julia Fehenberger, ehrenamtliche Geschäftsführerin bei MuKuNa ein. "Prestige ist heute so wichtig geworden, dabei ist doch Zufriedenheit viel wichtiger", ist Fehenbergers Meinung.
Das paradiesische Loch
Das Konsumverhalten und volle Terminkalender würden heute den Alltag vieler Kinder bestimmen. "Wir hatten früher Zeit für uns. Ich habe maximal eine dreiviertel Stunde mit Hausaufgaben verbracht", blickt Oma Anneliese zurück. "Heute müssen wir in der Schule schon ein bisschen mehr machen", weiss der 20-jährige Leonhard Stechow. Er ist noch bis Ende August bei MuKuNa im Bundesfreiwilligendienst. Später will er einmal Umweltingenieur werden. Er habe sich zum Beispiel bewusst für den Waldkindergarten MuKuNa entschieden, da er draußen sein wollte. "Der Wald entschleunigt, bietet Platz zum Toben - es ist einfach paradiesisch", schwärmt der Praktikant. "Wir können hier immer ganz viel toben und spielen", freuen sich Maxi und Milena. "Spielt ihr denn auch Indianer? Das haben wir als Kinder immer gespielt!", wirft Opa Theo ein. Ein lautes Ja! ertönt. Auch wenn sich viel verändert hat in den letzten 50 Jahren ist doch eines gleich geblieben: Indianer spielen die Kinder immer noch gerne - selbstverständlich im Wald.
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