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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Hollywood dahoam
Mit Filmscouts unterwegs auf der Suche nach spannenden Drehorten
„Dieser Raum stellte die amerikanische Botschaft am Genfer See bei einem Sommerempfang dar“, erzählt Udo Hahn über den Musiksaal mit seiner eindrucksvollen Kassettendecke. US-Regisseur Oliver Stone war von dem Anwesen der Evangelischen Akademie in Tutzing so angetan, dass er sich 2015 kurzerhand entschied, hier Teile seines Filmdramas „Snowden“ zu drehen. „Wenn man genau hinschaut, merkt man sogar, dass die Szene gar nicht im Sommer aufgenommen ist“, fährt der Akademiedirektor fort. „Denn die Dreharbeiten fanden in der Karwoche statt, als ein Orkan durchzog, man sieht sogar, dass die Bäume kräftig wackeln.“
Oliver Stone in Tutzing
Den Filmleuten gefällt, was sie sehen. Drehbuchautoren, Produzenten und Regisseure radeln auf Einladung der Wirtschaftsfördergesellschaft gwt und der Film-Commission des FilmFernsehFonds Bayern (FFF) durch die Gegend, um sich die schönsten Drehorte zeigen zu lassen. „Das ist alles sehr cool“, findet etwa Locationscout Jeannette Wohlfahrt, die mit ihrem Handy knipst, was geht – die Schlosskulisse, das Treppenhaus, die eleganten Salons mit ihren Kristallüstern. Und ein Aufnahmeleiter könnte sich hier gleich eine Serie vorstellen.
Gefragt: verlassene Orte
„Die Klassiker und historischen Filme können wir mit unseren Schlössern im Fünfseenland super bedienen“, sagt Kathrin Winter vom FFF. „Aber wir haben nicht nur die touristischen Postkartenmotive im Angebot, denn ganz oft werden verlassene Lagerhallen und allerhand Mystisches nachgefragt.“ Sie will den Teilnehmern deshalb das ehemalige Kaufhaus Centrum in Starnberg mit seinen verlassenen Läden, den still stehenden Rolltreppen und der leicht gespenstischen Atmosphäre zeigen, aber auch das Wirtshaus Obermühltal, das nach der Stilllegung der S-Bahn-Station in einen Dornröschenschlaf verfiel. Die Asklepios-Klinik in Gauting ist ebenfalls ein Highlight der Tour. In dem seit 20 Jahren verlassenen Gebäude mit seinen ehemaligen Krankenzimmern und dem alten Schwimmbad waren schon Emma Watson und Daniel Brühl für den Film über die Sekte „Colonia Dignidad“ zu Gast. Winter findet die Klinik toll. „Die kann man als Kaserne erzählen. Oder eben als Krankenhaus, denn ein echtes kriegt man für Dreharbeiten nicht.“
Klinik als Kaserne
Das liebe Geld spielt bei allen Filmproduktionen eine große Rolle. Wer will eine ganze Filmcrew teuer in den mediterranen Süden karren, wenn sich die Aufnahmen auch hierzulande inszenieren lassen? „Ganz oft wird gefragt, habt ihr Spanien, habt ihr Italien?“, so Winter. Und dann ginge es darum eine Location zu finden, wohlgemerkt in Bayern, „die diese Länder erzählen kann“. Begeistert war sie deshalb von Gut Hartschimmel bei Pähl mit seinem langen von alten Bäumen gesäumten Wirtschaftsweg. „So eine Allee wird gesucht, wenn Italien erzählt werden soll“, schwärmt sie. Tatsächlich war das Gut an der Landkreisgrenze von Starnberg und Weilheim schon öfter als Filmlocation gebucht, zum Beispiel für den Passau-Krimi. Genauso wie das Hochschloss Pähl, das als Drehorte für Fernsehserien wie die Neuauflage von Pan Tau, Forsthaus Falkenau und Der Alte diente.
Das eigene Wohnzimmer
Weil es immer mehr Anfragen vom Film gibt, hat die gwt eine eigene Homepage ins Leben gerufen. Auch Privatleute können hier ihre Immobilien als Drehorte kostenlos eintragen lassen (www.film-starnbergammersee.de). „Wir sind erst ein paar Wochen online, und es haben sich schon zehn gemeldet“, berichtet Regionalmanagerin Alexandra Högner erfreut. Bis jetzt handele es sich meist um Besitzer von Villen mit Pool oder Ufergrundstücken. Wie lukrativ sich das eigene Wohnzimmer vermieten lässt, hängt nicht nur vom Verhandlungsgeschick ab, sondern auch vom Umfang der Dreharbeiten. Es macht einen Unterschied, ob es sich um eine große Kinoproduktion mit einer Crew von 600 Leuten handelt oder um eine Fernsehserie mit 30 Mitarbeitern.
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