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„Nur reden reicht nicht“

Stadtwerke wollen vermehrt Wasserkraft nutzen

Weilheim will bis 2035 klimaneutral bei Strom, Wärme, Mobilität sein. Das gelingt nur gemeinsam: Andreas Scharli, Christiane Regauer, Manfred Stork (Stadt Weilheim), Peter Müller, Roland Orawetz und Katharina Segerer (von links). (Bild: Stadtwerke Weilheim)

Klimaschutz ist überlebenswichtig. Jede Maßnahme, jede regenerativ erzeugte Kilowattstunde zählt. Nachhaltigkeit und die Energiewende haben daher von der Bundes- bis zur Lokalpolitik höchste Priorität - jedenfalls rhetorisch. Die Stadt Weilheim ist schon 2012 der Bürgerstiftung Energiewende Oberland beigetreten. Das Ziel der Kommune: Bis 2035 bei Strom, Wärme, Mobilität unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Die Stadt hat daher unter anderem das EWO-Kompetenzzentrum Energie (EKO) beauftragt, einen Energienutzungsplan für Weilheim zu erstellen.

Beim Pressegespräch am 24. September bei den Stadtwerken erläuterte die neue Klimaschutzmanagerin der Stadt, Katharina Segerer, Ziel und konkrete Schritte für den Klimaschutz vor Ort. Erste Ergebnisse der Ist-Analyse des Energienutzungsplans stellten die Projektmitarbeiter Christiane Regauer und Andreas Scharli von der Energiewende Oberland vor. Die regenerative Stromerzeugung hat in den letzten Jahren im Stadtgebiet erheblich zugenommen. Wenn auch der regenerativ erzeugte PV-Strom derzeit am meisten zur Energiewende vor Ort beiträgt, zählt jede Maßnahme, jede Kilowattstunde. Immerhin deckt der in Weilheim erzeugte Strom derzeit erst 17 Prozent des hier verbrauchten Stroms.

Der Stadtbach wird seit Generationen genutzt

Stadtwerke Chef Peter Müller stellte ein besonderes Projekt mit Symbolkraft vor: „Neben PV-Strom erzeugen wir im Rahmen des möglichen Windkraft- und Wasserkraftstrom; Letzteres mit unserem historischen Wasserrad am Stadtbach. Mit einer weiteren, kleinen Wasserkraft-Anlage am Stadtbach möchten wir exemplarisch zeigen, dass Strom aus Wasserkraft ökologisch vertretbar und langfristig sinnvoll ist“, betont er. „Generationen vor uns haben schon die Wasserkraft am Stadtbach mechanisch für ihre Handwerksbetriebe genutzt. Im Zuge der Sanierung des Stadtbachs oberhalb der Seemühle / Feyerabendhaus, wollen wir ein weiteres Kleinwasserrad errichten.“ Ronald Orawetz vom gleichnamigen Ingenieurbüro aus Weilheim erläuterte die aktuellen Planungen, technische Daten und begleitenden Maßnahmen.

Wasserrechtliche Vorgaben erfüllt

Wasserkraft ist grundlastfähig und ergänzt daher sinnvoll erneuerbar erzeugte Energie. Leider wurde ein an der Ammer geplantes Schachtkraftwerk vom Typ „Großweil“ von den Behörden abgelehnt. So beschränkt sich die Nutzung der Wasserkraft nur noch auf den Stadtbach. Wegen des benötigten Absturzes wäre für ein Kleinwasserkraftwerk ein idealer Standort östlich des Feyerabendhauses. Hier beträgt die Fallhöhe rund 1,5 Meter: „Um elektrische Energie zu erzeugen, sind neben den örtlichen Gegebenheiten insbesondere wasserrechtliche Vorgaben zu beachten. Die Paragrafen des Wasserhaushaltsgesetz verlangen unter anderem die Reinhaltung des Gewässers, eine Mindestwasserführung, die Durchgängigkeit und Schutz der Fische. Diese wasserrechtlichen Vorgaben sind an dieser Stelle alle erfüllt“, so Ronald Orawetz.
Geplant haben die Stadtwerke ein modernes, oberschlächtiges Wasserrad mit kleinem Durchmesser von 1,5 Metern Höhe und etwa 3,7 Metern Breite. Die Schaufeln aus Stahlblech werden in fünf Abschnitte á 0,7 Meter Breite unterteilt und versetzt angeordnet. Als elektrische Energie sind 60.000 kWh/a prognostiziert. Damit lassen sich rechnerisch etwa zwanzig Haushalte regenerativ versorgen.

Ein neues Wasserrad

Am Oberlauf des Stadtbaches ist die Uferverbauung aus Holzbohlen morsch und brüchig. Die Stadt wird daher 2022 den Uferverbau in Holzbauweise erneuern. Zeitgleich könnten die Stadtwerke Weilheim das neue Wasserrad errichten. Für ein mögliches Hochwasser ist Vorsorge getroffen: Auf beiden Seiten des Wasserrades erfolgt ein Bypass, vor dem Wasserrad wird es eine absenkbare Klappe ins Unterwasser geben. So hat das Wasser drei Möglichkeiten: Über das Wasserrad hinweg, neben dem Wasserrad vorbei oder vor dem Wasserrad unten durch. Die Klappe ermöglicht auch eine regelmäßige Spülung von Ablagerungen und Geschwemmsel. Die Stadtwerke führen schon jetzt regelmäßige Kontrollarbeiten am Stadtbach durch. Die neue Wasserkraftanlage werden sie an ihre Leittechnik anbinden, einen weiteren Pegel installieren und fernüberwachen.

Viele positive Effekte

„Am Absturz herrscht derzeit eine erhöhte Lärmbelastung. Durch die Errichtung des Wasserrades ließe sich der Lärmpegel um etliches reduzieren. Denn um die Gesamtkonstruktion soll es eine Lärmschutzwand in U-Form geben, darauf Glaselemente als Abschirmung und Blickfang“, erläutert Roland Orawetz. „Die geplante Kleinwasserkraftanlage hat nur Vorteile. Sie trägt zum Lärmschutz bei, vermeidet unter anderem CO2-Emissionen und erzeugt vor allem regenerativen Strom. Sie ergänzt somit die avisierte Energiewende der Stadt vor Ort“, betont Chef Peter Müller und ergänzt: „Nur über Klimaschutz reden reicht nicht, man muss auch Klimaschutz machen. Wir hoffen, dass wir das schon lange, lange laufende Genehmigungsverfahren endlich erfolgreich abschließen können.“

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