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Null Bock, nein Danke

Starnberger Jugendliche machen den Demokratieführerschein

Erste Stunde des Demokratieführerscheins: v.l. Christine Loibl, Yael Kremer, Michael Lech, Enia Perusko, Tim Weidner, Roberta Salerno, Martin Schneider, Patrick Janik, Leonie Egerland, Ioana Marin-Iana, Luca Müller und Chayenne Perusko. Rechts Theresa Eichinger und Daniel Ternyk vom Nepomuk. (Bild: Hauck )

Der Starnberger Bürgermeister wünscht sich mehr junge Gesichter im Stadtrat. „Wir brauchen Nachwuchs“, sagte Patrik Janik. Mit damals 39 Jahren sei er vor sechs Jahren der Jüngste im Gremium gewesen. Ein Armutszeugnis für die Stadt, wie er findet.

Vielleicht geht sein Wunsch bei der nächsten Kommunalwahl in Erfüllung. Denn diese neun Jugendlichen, die der Rathauschef am Samstagvormittag im Jugendzentrum Nepomuk begrüßt, finden Politik weder langweilig noch abschreckend. Sie wollen sich das notwendige Handwerkszeug für die Kommunalpolitik nicht nur in der Theorie aneignen, sondern auch praktisch erproben – mit Hilfe des Politologen Martin Schneider, der den Kurs der Volkshochschule Starnberger See leitet. An diesem ersten Vormittag diskutieren die jungen Leute, was ihnen alles am Herzen liegt und was die Stadt für ihre Altersgruppe verbessern könnte. Am Ende wird über die Vorschläge abgestimmt: Ein eigenes Jugendcafe – oder ein weiterer Jugendtreffpunkt – ist das coole Projekt, das sie aktiv politisch verfolgen und möglichst im Stadtrat durchbekommen wollen.

Nachwuchs für den Stadtrat

Es ist ein Vorurteil, dass sich die „Generation Smartphone“ nicht für Politik interessiert. Aber zugegeben, Begriffe wie „Städtebauförderung“ oder „Rechnungsprüfungsausschuss“ sind aus der Sicht junger Leute nicht gerade spannend. Um sie zu erreichen, braucht es Konzepte, die sich an ihrer Lebensrealität orientieren. Der so genannte „Demokratieführerschein“ der Volkshochschulen ist ein gefördertes außerschulisches Konzept, um mehr Jugendliche in die Kommunalpolitik einzuführen. Einige der Teilnehmer haben schon ganz schön viel drauf.

Die Demokratie sei die schlechteste Staatsform, so scherzte einst Winston Churchill. Als Bürgermeister Janik seine kleine Ansprache mit dem berühmten Zitat einleitet, wartet Michael Lech gleich mit einem weiteren wohlbekannten Spruch des ehemaligen englischen Premiers und bekannten Zynikers auf: „Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit dem Durchschnittswähler.“

Dass sich trotz Corona genug Teilnehmer angemeldet haben, freut Christine Loibl ganz besonders. 2020 sei der Lehrgang deswegen in Feldafing leider nicht zustande gekommen, bedauert die Leiterin der VHS Starnberger See. 2019 fand der Demokratieführerschein erstmals statt, und zwar bei der Tutzinger Jugendfeuerwehr, die mit Erfolg für bessere Busverbindungen im Ort kämpfte. „Aber diesmal haben wir mehr Mädchen, das ist schön.“ Soweit möglich, wird der Lehrgang in Präsenz beim Kooperationspartner durchgeführt, dem Jugendtreff Nepomuk, sonst halt notgedrungen online. Die Jugendlichen sind zwischen 13 und 18 Jahren alt, sie kennen sich schon vom Jugendzentrum her. Dass es eine ganz gemischte Gruppe mit Schülern der verschiedensten Schulzweige ist, findet Loibl gut. „Es sind nicht nur Gymnasiasten.“

Projekt Jugendcafe

Auch Tim Weidner ist beeindruckt vom Engagement der Teenager. Bei ihm sei das politische Interesse schon in der Schule losgegangen, erzählt der VHS-Vorstand und langjährige Stadt- und Kreisrat. Erst Klassensprecher, dann Schülersprecher, Bezirksschülersprecher, mit 17 in eine Partei eingetreten und immer so weiter. „Als nächstes sehen wir uns dann im Stadtrat“, meint er zu den Mädchen und Jungen. Denn es gehört dazu, dass sie in einem der Ausschüsse ihr selbstgewähltes Projekt gebührend vorstellen. Von Politikverdrossenheit kann also keine Rede sein.

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