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Gemeinsam stark

"Mutmachleute" kämpfen gegen Stigma der Depression

Bei der Ausstellungseröffnung: Max Laufer (von links), Johannes Meffert, Angelika Kammerl, Armin Rösl, Martina Neubauer, Tina Meffert, Andreas Dasser und Britta Hundesrügge. (Bild: Susanne Hauck)

„Mir hilft es, offen damit umzugehen“, sagt André Eichbauer. Er hat zwei Burnouts hinter sich. Der 49-jährige Münchner arbeitete als Projektleiter bei einer Werbeagentur. Der Druck war riesig. 60-Stunden-Wochen waren normal, Arbeiten am Wochenende sowieso. Eichbauer hatte irgendwann einen Zusammenbruch, es folgten mehrere Klinikaufenthalte. Heute geht es ihm viel besser. Er arbeitet mittlerweile als Kunsttherapeut und Online-Coach. Und jetzt steht er im Foyer der Kreissparkasse Starnberg, wo die Ausstellung des Vereins Mutmachleute eröffnet wird.
Eichbauer will zeigen, dass man sich mit psychischen Erkrankungen nicht verstecken muss. Deswegen sei es für ihn Ehrensache gewesen, sofort beim Fotoshooting des Vereins mitzumachen. Das hat auch Karolina de Valerio getan, bei der während ihrer Promotion eine schwere Depression diagnostiziert wurde und die heute beim Münchner Bündnis gegen Depression als Genesungsbegleiterin arbeitet. Aus den Aufnahmen ist die bemerkenswerte Ausstellung „Ein Wir ist stärker als ein Ich“ entstanden: Auf den Plakatwänden kann man lauter Menschen kennenlernen, die mit ihrer Erkrankung mutig an die Öffentlichkeit gehen. Und noch etwas ist besonders an den großformatigen Bildern: Sie zeigen die Frauen und Männer von zwei Seiten: einmal in schwarz-weiß, wenn sie mit der Krankheit schlecht geht, und einmal in Farbe, wenn es ihnen gut geht. Die Botschaft dahinter: Die Menschen sollten nicht auf ihre Krankheit reduziert werden, sagt Vorstandsvertreterin Tina Meffert. „Ich bin mehr als meine Diagnose, ich bin Ehefrau, Mutter von zwei Kindern, Geschäftsfrau und Kollegin.“

Zurück ins Leben

Der Starnberger Verein Mutmachleute e.V. wurde 2018 gegründet – von Betroffenen, die ihre Erkrankung überwunden haben und anderen Betroffenen und ihren Angehörigen helfen wollen, die aber auch gegen das gesellschaftliche Stigma kämpfen. Psychische Erkrankungen sollten endlich mit körperlichen gleichgestellt werden, fordert Tina Meffert, und Betroffene mehr Respekt erhalten. Schließlich kann es jedem passieren: Jährlich erkranken 5,3 Millionen Menschen an Depressionen, Burnout oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Der junge Verein mit gerade mal 16 Mitgliedern will deshalb nicht nur online informieren (www.mutmachleute.de; dort gibt es Tipps, ein Forum und eine Selbsthilfegruppe), sondern mit der Wanderausstellung neue Wege gehen, um Menschen aus ihrer Isolation zu holen und Verständnis für ihre Situation zu wecken. Sie ist in Starnberg noch bis Freitag zu sehen und macht in den nächsten zwei Jahren in ganz Deutschland Station. Auch Andreas Dasser ist Mitglied im Verein. Seine Tochter hatte eine schwere Essstörung. Nun will er nach ihrer Genesung anderen Mut machen. Nicht aufgeben, das ist auch die Botschaft von Armin Rösl, Vize-Vorsitzender der Deutschen Depressionsliga. „Ich war am Ende, dachte an Suizid, nur ein Krankenhausaufenthalt hat mich gerettet“, sagt er. Heute habe er die Krankheit im Griff und könne wieder arbeiten. Mit seiner Geschichte wolle er zeigen, „dass es möglich ist, wieder ins Leben zurückzukommen“.
Die Arbeit des Vereins würdigen auch etliche Vertreter und Vertreterinnen aus der Lokalpolitik, wie Starnbergs Zweite Bürgermeisterin Angelika Kammerl, Vize-Landrätin Britta Hundesrügge (FDP) die zum Auftakt der Ausstellung kamen. Die mangelhafte Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Therapiewartezeiten von bis zu einem halben Jahr spricht Bezirksrätin Martina Neubauer (Grüne) an – aber auch den Erfolg des Krisendiensts, der mittlerweile 24 Stunden am Tag in psychischen Notlagen erreichbar ist.

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