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„Wir bluten aus“

Innenstädte fordern Politik zum Handeln auf

Volle Regale, leeres Kaufhaus: Florian Lipp Im Kaufhaus Rid in Weilheim. (Bild: mka)

Seit 181 Jahren gibt es das Kaufhaus Rid. Es ist damit das älteste Kaufhaus überhaupt in Deutschland. Zwei Weltkriege, Inflationen, Wirtschaftskrisen und vieles mehr hat das Weilheimer Traditions-Kaufhaus mit seinen sechs Häusern an drei Standorten, nämlich in Weilheim, in Penzberg und in Bad Tölz, das inzwischen in sechster Generation von Florian Lipp geführt wird, unbeschadet überstanden. Jetzt steht Lipp vor einer weiteren, nie dagewesenen Herausforderung: dem harten Lockdown in der Corona-Pandemie. Seit Monaten schon muss er sein Kaufhaus geschlossen halten, Kunden dürfen derzeit nur per „Click and collect“ Waren online bestellen und dann persönlich an der Warenausgabe des Kaufhauses das Bestellte abholen.

Das Versprechen von Spahn

Mit betroffen von der Krise sind auch die über hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Florian Lipp. Und das Schlimmste: Es fehlt jede Perspektive. „Noch im September hat Gesundheitsminister Jens Spahn in einem Interview eingeräumt, es sei ein großer Fehler gewesen, im ersten Lockdown den Handel und die Friseure zu schließen“, erinnert sich Lipp. Ja, mehr noch: „Spahn versprach damals, so einen Lockdown werde es nie wieder geben!“, sagt Lipp nicht ohne Verbitterung. Auf dieses „Versprechen“ nämlich haben er und viele seiner Kollegen Winter- und Frühlingsware eingekauft, auf denen sie seit Wochen und Monaten sitzenbleiben. „Und keiner weiß konkret, ob und wann es denn nun wieder weitergeht“, bedauert Florian Lipp. Und die staatlichen Hilfen, von denen man immer wieder hört? „Ja, da muss man auch das Kleingedruckte in den Anträgen genau lesen“, sagt er. Die Kriterien zur Gewährung der Überbrückungshilfen Eins und Zwei sowie für die November- und Dezemberhilfe hat das Kaufhaus Rid nur knapp verfehlt. Doch hier gilt: Dicht vorbei ist auch daneben. „Folglich gab es keine finanziellen Hilfen für uns“, so Lipp. Einen Lichtblick gibt es jetzt vielleicht bei der Überbrückungshilfe Drei. „Da bekommen wir vielleicht einen Teil der Fixkosten ersetzt, einen Teil.“

„Bei vielen geht es um die nackte Existenz“

Florian Lipp macht sich um das Kaufhaus Rid, das es seit dem Jahr 1840 gibt, weniger Sorgen. „Wir stehen immer noch gesund da“, weiß er. „Aber bei anderen sieht das deutlich kritischer aus. Da geht es zum Teil um die nackte Existenz“, sagt der Betriebswirt Lipp.

Aus diesem Grund hat sich auch der Standortförderungsverein Weilheim, dessen Vorsitzender Florian Lipp ist, und der „Aktionskreis Innenstadt Weilheim“ einer Initiative von Gewerbevereinen und Organisationen für innerstädtisches Marketing aus dem gesamten Oberland und darüber hinaus angeschlossen und die Resolution „Wir bluten aus! Innenstädte fordern Soforthilfe von der Staatsregierung“ unterstützt. Am Donnerstag, 25. Februar, um 14 Uhr, wird die Resolution in der Marktstraße von Bad Tölz im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung der Öffentlichkeit vorgestellt, ehe sie an Ministerpräsident Markus Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger weitergeleitet wird.

„Die wirtschaftlichen Folgen für die gesamte Branche sind verheerend, Tausende von Arbeitsplätzen sind in Gefahr – und den Innenstädten droht die Verödung. Wenn der traditionelle Einzelhandel ausblutet, hat dies unmittelbare, irreparable Folgen für die Innenstädte und Ortszentren“, so Lipp. Das aber sollte in jedem Fall vermieden werden. Die Resolution fordert daher unter anderem, dass Einzelhandelsbetriebe, die über ein von der jeweiligen Kreisverwaltungsbehörde überprüftes und im Sinne eines wirkungsvollen lnfektionsschutzes für sicher befundenes Hygienekonzept verfügen, von der Schließung im Falle eines weiteren pandemiebedingten Lockdowns ausgenommen werden.

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