Was wurde aus der Studentenrevolte?
Anne Franke, Gemeinderat Gauting
Die Parole „Unter den Talaren – Muff von Tausend Jahren“ wurde vor 50 Jahren zum Sinnbild für den Protest gegen das sogenannte Establishment, die verdrängte Nazivergangenheit der Bundesrepublik und alte, verkrustete Gesellschaftsstrukturen. Noch heute haben wir den Mut der damaligen Studenten und Studentinnen, die 1968 auf die Straße gingen, viel zu verdanken. Unsere Gesellschaft hat sich langsam hin zu mehr Geleichberechtigung zwischen Mann und Frau und der Anerkennung unterschiedlicher Lebensentwürfe entwickelt. Erst 1977 wurde die reine Hausfrauenehe beendet. Das neue Ehe- und Familienrecht legte damals fest, dass die Haushaltsführung „in gegenseitigem Einvernehmen“ zu regeln sei.
Es gab auch neue Bildungsentwürfe: weg von Druck und Gehorsam hin zu Motivation. In den neu eingerichteten KiTas wurde die antiautoritäre Erziehung nach Summerhill und die Laissez Faire-Erziehung erregt diskutiert. In den Schulen trat der reine Frontalunterricht etwas zugunsten aktivierender Teamarbeit zurück. Geblieben sind aber leider immer noch die zu großen Klassen, gegen die wir schon 1972 als Gymnasiasten und Gymnasiastinnen demonstriert haben, und das dreigliedrige Schulsystem, das immer noch Chancengleichheit behindert. Somit konnten viele gute Ideen von damals aus politischen Gründen nicht umgesetzt werden. Für das Ziel einer offenen, demokratischen Gesellschaft, die allen gute und gerechte Chancen bietet, bleibt noch einiges zu tun.
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