Raus aus der Taktung!

Die Entwicklung der Kinder steht heute ganz anders als vor 30 Jahren im Fokus elterlicher Beobachtung. Damals hatte sich die Gautinger Schule der Phantasie gerade aus einer Elterninitiative gegründet. Wir hatten auf einen Schlag 120 Anmeldungen. Der Andrang und die Neugier auf unsere Angebote in der Schule der Phantasie waren riesig. Dementsprechend schöpferisch war die Atmosphäre. Die Kinder überboten sich regelrecht in ihrem Schöpfer- und Tatendrang. Wir hatten Mühe, immer genug Material und Werkzeug parat zu haben. Unsere Aufgabe sahen wir darin, gedankliche und technische Hilfestellungen zu geben. Damit entfaltete sich dann die Kreativität der Kinder mit Wucht.

Diese bahnbrechende Kreativität sucht man heute leider eher mit der Lupe. Heute geht jedes Kind mit Perfektionsanspruch und der dazugehörigen Vorsicht ans Werk. Wir geben Anleitungen vor, je konkreter desto besser. Kinder fragen dreimal nach, ob dies oder das auch möglich ist oder benutzt werden darf.

Vielleicht liegt der Grund dafür darin, dass die Kinder möglichst früh „flexible Global Player“ werden sollen - anpassungsfähig, kreativ, rundum versiert und gebildet. Darauf ist die Taktung des Kinderalltags ausgerichtet. Trotzdem wächst das Gras nicht schneller, wenn man daran zieht. Nur mit Muße und Muse kann sich schöpferisches Potenzial entfalten. Im Rückblick auf die vergangenen 30 Jahre Schule der Fantasie in Gauting zeichnet sich ein deutliches Bild ab: Die Kinder vertrauen immer weniger auf ihre eigenen schöpferischen Fähigkeiten und zweifeln an ihrer inneren Stärke, Anforderungen zu entsprechen oder sich ihnen zu widersetzen. Dabei brauchen Kinder Vertrauen in ihre eigenen Ideen und in ihre Kraft, diese zu verwirklichen. Sie darin zu unterstützen, ist wichtiger denn je geworden.