Martinsrieder Dilemma
Gemeinderat Planegg diskutiert Lösung für Westumfahrung

Die Westumfahrung Martinsried bedeutet zwar verkehrsentlastung für die Röntgenstraße, allerdngs Verkehrszunahme in den anderen Straßen. Zudem Trenngrünversiegelung und enorme Kosten. Dieses Dilemma diskutieren nun die Gemeinderäte. (Bild: us)
Mit einem Bürgerantrag aus dem Juni 2021 von Anwohnern der nördlichen Röntgenstraße in Martinsried wurde die Diskussion über die Westumfahrung Martinsried wieder ins Rollen gebracht. Die Anwohner beriefen sich auf den Gemeinderatsbeschluss von 2013, nachdem die Umfahrung vorbereitet, geplant und umgesetzt werden soll.
„Martinsried wächst und diese Entwicklung wird sich in naher Zukunft eher beschleunigen“, argumentierten die Antragsteller die Dringlichkeit ihrer Bitte und betonten weiter: „Die Westumfahrung würde keinesfalls den Gesamtverkehr erhöhen, sondern lediglich die Verkehrsströme anders verteilen.“ Auch über die Finanzierung hatten sich die Antragsteller Gedanken gemacht und empfahlen das gegenwertige Zinsniveau für günstige Darlehen zu nutzen.
Kurze und lange Variante der Westumfahrung
Mehrere Wochen bereiteten die Verwaltung und Helmuth Ammerl vom Ingenieurbüro Obermeyer GmbH die umfangreichen Sitzungsvorlagen samt Verkehrszählungen und Zahlenvergleich vor, damit die Räte eine gute Grundlage über die Materie erhielten. Gezeigt wurde der Ist-Zustand von 2019 verglichen mit dem prognostizierten Zustand in 2035 ohne Maßnahmen beziehungsweise mit kurzer (von der Münchner bis zum Ende der Röntgenstraße) und langer Umfahrung (von der Münchner Straße bis zum AEZ-Kreisel).
Bürgermeister Hermann Nafziger erklärte mit Hinblick auf die angespannte Haushaltlage: „Die Umfahrung hatte ich eigentlich auf einen späteren Zeitpunkt terminiert.“ Er wünschte sich nun die Ausblendung der 40 Jahre währenden Diskussion über die Westumfahrung und verwies auf die schwierigen Grundstücksverhandlungen.
Schwierige Grundstücksverhandlungen
„Grund wurde noch nicht erworben“, erklärte er. Dafür habe man mit den beiden Verkehrskreiseln, der Radunterführung, der abknickenden Vorfahrt in der Lochhamer Straße und dem Lärmschutz schon einiges an „Detailschärfe“ eingebracht, um die Beschlüsse von 2013 zu erfüllen. „Wir haben immer intensiv an dem Thema gearbeitet“, betonte auch Ursula Janson vom Bauamt. „Die Grundstücke sind dabei das Hauptproblem.“
„Wir haben es hier mit einer sehr komplexen Materie zu tun“, so auch Gutachter Ammerl. Seine Verkehrsprognosen für 2035 basierten auf Stadtentwicklung, Nachverdichtung, U-Bahn, der Entwicklung am Planegger Bahnhof und auf dem Uni-Gelände. Zehn bis 15 Prozent mehr Verkehr sei realistisch, so Ammerl. Nach den Modellrechnungen für eine kurze und eine lange Umfahrung bliebe der Verkehr auf der Röntgenstraße (laut Janson 437 Anwohner) niedriger. Höher belastet wären allerdings die Lochhamer und die Münchner Straße (820 Anwohner).
Westumfahrung für mindestens 5,6 Millionen Euro
Das Fazit von Ammerl und der Verwaltung: die Umfahrung bedeuten laut Modellrechnung mehr Durchgangsverkehr für die ohnehin schon stark belasteten Straßen, kaum Entlastung für die Fraunhoferstraße und natürlich ein extrem großer Haushaltsposten. Je nach Verhandlungen könnten die Grundstücke zwischen einer halben bis zwei Millionen Euro kosten. Inklusive Planungs- und Baukosten und vielleicht sogar noch einer alternativen Radunterführung käme auf Planegg eine Investition von mindestens 5,6 Millionen Euro zu.
Nafziger appellierte an die Räte, diesen Betrag gut abzuwägen. „Vor allem der U-Bahnbau ist kostspielig und lässt sich nicht verschieben.“ Die Verschuldung habe Planegg in diesem Jahr zwar abwenden können, drohe aber bei weiteren großen Projekten. „Die Freiheit und Unabhängigkeit in Finanzsachen sind mir für die Gemeinde wichtig. Die verlieren wir, wenn wir uns verschulden und die Kommunalaufsicht die Hoheit über unsere Planung hat.“
„Was machen wir also?“
„Das ist eine schwierige Abwägung. Ich bin zwiegespalten“, äußerte sich Angelika Lawo (grüneGruppe21). „Wieso hat man den Martinsplatz gestaltet und die Röntgenstraße vergessen?“, kritisierte sie. „Die abknickende Vorfahrtsstraße ist lebensgefährlich für Radfahrer. Ich denke, dass man generell als Radfahrer schlecht in Martinsried überleben kann. Da sind wir als Gemeinde ebenso in der Verantwortung.“
Als die Wohnungen gebaut wurden, ist den Bürgern ein Lärmschutz versprochen worden. „Daran müssen wir festhalten“, meinte Fritz Haugg (FDP). „Was machen wir also?“, fragte Max Gum-Bauer (Freie). „Irgendeiner wird immer benachteiligt sein.“ In den nächsten Wochen sind die Räte aufgefordert, in den Fraktionen weiter zu diskutieren. Nafziger dazu: „Verarbeiten Sie die Fülle der Infos erst einmal. Und nutzen Sie auch unsere anstehende Klausur, um zu einer Meinung zu kommen.“
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