Hilfe zum nächsten Schritt
Gautinger Radlwerkstatt und GRAIN gGmbH schaffen Praktikumsstellen für Geflüchtete
Die Idee zu einer Gautinger Radlwerkstatt hatte Hans Wilhelm Knape schon lange. Mit dem Umzug der Flüchtlingsunterkunft aus dem AOA-Gebäude in der Ammerseestraße in die Containeranlage in der Pentenrieder Straße standen die AOA-Werkstatt- und Büroräume leer. „Das war für uns der Anfang, unser Projekt endlich zu starten. Die Räume hier sind einfach ideal. Hier konnten sehr schnell, sehr viele Fahrräder repariert und vor allem auch gelagert werden“, erinnert sich Knape an die Anfänge im November/Dezember 2016 und spielt damit auf die vielen Rad-Spenden aus der Bevölkerung an.
„Bei vielen Rädern musste etwas gerichtet werden. Das haben wir uns als Aufgabe gestellt“, so Knape und dankt der Schrauberhütte in Planegg. „Mit ihnen gemeinsam haben wir unsere Radlwerkstatt aus der Taufe gehoben. Oder besser: Die Planegger haben uns in den Sattel geholfen.“ Binnen drei, vier Wochen seien die vielen Spendenfahrräder wieder auf Vordermann gebracht gewesen, dank auch der Mithilfe und des Interesses vieler Geflüchteten. Damals entstand auch die Idee, eine gemeinnützige Firma zu gründen, die sich mit der Beschaffung und Vermittlung von ganz verschiedenen Praktika für Geflüchtete befasst. „Das war der Auftakt für unsere GRAIN gGmbH. Der Name bedeutet: ganzheitlich - regional - achtsam - integrativ - nachhaltig.“
Durchweg positive Erfahrungen
Im Rahmen des bundesweiten Arbeitsmarktprogramms „Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“ (FIM), das den Kommunen eine Struktur und Fördermittel für die Integration von Geflüchteten zur Verfügung stellt, flossen erste Firmenmittel. „Wir sind gemeinnützig“, erklärt er. „Aber einiges an Miete und Material müssen wir dennoch aufbringen.“ Bisher habe die GRAIN-Firma durchweg positive Erfahrungen damit gemacht, Geflüchteten befristete Praktika anzubieten, sie dabei zu begleiten und ihnen einen beruflichen Zukunftsweg zu zeigen.
Auch die Gemeinde Gauting stellte bereits einige Stellen zur Verfügung. „Im Rahmen des Mensa-Umbaus im Gymnasium konnten wir Schreiner- und Trockenbauarbeiten vermitteln“, so Rathaussprecherin Gabriele Heigl. „Und wir haben einige Beschäftigungen während der Generalreinigung des Gymnasiums zur Verfügung stellen können und bei allem sehr gute Erfahrungen gemacht. Alle Arbeiten wurden zeit- und fachgerecht ausgeführt“, lobt sie. Die Gemeinde freue sich, dass Knapes Idee zu solch einer Erfolgsgeschichte geworden ist.
„Das freut uns auch“, betont Knape. Rund zehn potentielle Praktikanten würden im Durchschnitt beschäftigt. „Kommt ein Arbeitsauftrag, dann übernehme ich ihn. Die Geflüchteten sind dann sozusagen meine Trainees und machen mit.“ Allerdings kämen derzeit viele Anfragen im Bereich Gartenarbeit. Und dies sei leider in vielen Herkunftsländern keine angesehene Arbeit.
„Wir zeigen, dass man die Hand reichen kann“
„Auf diese kulturellen Unterschiede müssen wir Rücksicht nehmen, ganz klar“, meint er. „Wir leben hier eben in sehr liberalen Vorstellungen von gleichberechtigter und erfüllender Arbeit. Das ist nicht überall so. Das mussten wir lernen.“ Für die Zukunft wünsche er sich mehr Praktikumsangebote. „Ich will das Angebot erweitern und noch mehr Geflüchteten die Möglichkeit zu beruflicher Schulung ermöglichen.“ Schließlich sind rund 250 Geflüchtete in Gauting gemeldet – 80 davon leben in der Unterkunft in der Pentenrieder Straße. Zehn Trainees bedeuten also eher einen Tropfen auf dem heißen Stein, vor allem auch weil der Helferkreis mit seinen vielen Angeboten um Claudia von Maltitz leider immer kleiner wird.
Schön wäre es, wenn die Geflüchteten über GRAIN ein berufliches Ziel bekämen, betont Knape. „Die FIM-Geschichten laufen nach fünf Monaten aus. Danach gibt es nichts Vergleichbares. Das bedauern wir alle außerordentlich. Damit hadern wir sehr. Die große Politik können wir nicht ändern. Aber wir können zeigen, dass man die Hand reichen kann und dass die Hand gern genommen wird. Das ist unsere Motivation.“
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