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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Gemeinsam erinnern
Veranstaltung des Vereins Gedenken im Würmtal auf dem jüdischen Friedhof Gauting
Gemeinsam gedenken und erinnern: am jüdischen Friedhof in Gauting fanden sich am Totensonntag Gemeinde-, Kirchenvertreter, Schüler der umliegenden Gymnasien und viele Bürger ein, um den dort beerdigten jüdischen Menschen zu gedenken. Sabine Baumgartner vom Verein Gedenken im Würmtal e.V. zählte viele Schicksale auf und erklärte die jüdischen Friedhofsrituale. (Bild: us)
Rund 50 Bürger fanden sich kürzlich zur Veranstaltung des Vereins Gedenken im Würmtal e.V. im jüdischen Friedhof Gauting zusammen. Traditionell erinnert der Verein mit der Feier an die dort beerdigten jüdischen Menschen, die während des Todesmarsches aus dem KZ Dachau ums Leben kamen oder als Patienten des Gautinger Lungenkrankenhauses verstarben. Unter den Anwesenden waren sämtliche Bürgermeister der Würmtalgemeinden, viele Kirchenvertreter sowie viele Schüler und Lehrer des Otto-von-Taube-, des Feodor-Lynen- und des Kurt-Huber-Gymnasiums.
„Wir sind sehr berührt, dass sich so viele zu unserer Gedenkfeier eingefunden haben“, meinte Hannes Stumpf. „Besonders schön ist es, dass rund ein Drittel Jugendliche sind. Es ist uns schon immer ein wichtiges Anliegen, unsere Erinnerungs- und Gedenkkultur an die Jugend weiterzugeben.“ Die Oberstufenschüler der drei Gymnasien seien auch heuer maßgeblich bei der Ausgestaltung der Feier miteingebunden gewesen und haben auch die Namenlesung der Toten übernommen, dankte Stumpf. Er leitete lange Zeit die Projekte am Otto-von-Taube-Gymnasium und übernahm im Frühjahr das Amt des Vereinsvorsitzenden vom Vereinsgründer und langjährigen Vorsitzenden Friedrich Schreiber.
Zum Handeln verpflichtet
Als besondere Gäste begrüßte der Verein den ehrenamtlichen Vorsitzenden der jüdisch-liberalen Gemeinde Beth Shalom, Jan Mühlstein, und den Kantor der Gemeinde Nicola David. „Ich danke herzlich allen Organisatoren der Gedenkfeier und allen, die gekommen sind“, sagte Mühlstein. „Es ist wichtig, sich gemeinsam zu erinnern und gemeinsam zu gedenken. Es ist ein Gedenken, das uns zum Handeln verpflichtet. Die sechs Millionen getöteten Juden sollen nicht umsonst gestorben sein.“
Auch die Gautinger Bürgermeisterin Brigitte Kössinger dankte dem Verein und allen Mitwirkenden für die berührende Feier. „Danke, dass Sie die Gedenkfeier vor vielen Jahren initiiert und seitdem ununterbrochen organisieren“, so Kössinger. „Danke für die Namenslesung aller hier beerdigten Menschen. Mit der Nennung ihrer Namen geben wir ihnen ihre Würde zurück.“ Sie freute sich über die anwesenden Schüler, „denn es ist wichtig, dass die Jugend beim Gedenken dabei ist. Wir alle lernen durch die Geschichte. Die Jugend trägt diese Erinnerungskultur in die Zukunft weiter.“
Lebendige Erinnerungskultur
Sehr vielen Gautingern sei jahrzehntelang nicht bewusst gewesen, dass es den jüdischen Friedhof gebe und wer hier begraben sei. Auch das Mahnmal für die sechs Millionen getöteten Juden sei lange Zeit unbemerkt von der Gautinger Bevölkerung gewesen, so Kössinger weiter. „Der Verein Gedenken im Würmtal hat sehr viel dazu beigetragen, dass wir unserer Geschichte begegnen.“
Das Holocaustmahnmal mit dem Davidstern sei schon 1947 aufgestellt worden, „als erstes Mahnmal seiner Art in ganz Deutschland“, wie Vorstandsmitglied Sabine Baumgartner betonte. Baumgartner erinnerte in ihrer Ansprache an einige wenige sehr persönliche Schicksale von hier begrabenen Menschen und erzählte von den besonderen Ritualen auf jüdischen Friedhöfen. „Statt Blumen werden Steine auf die Gräber gelegt. Zum Jahrestag des Todes wird eine „Jahrzeit-Kerze“ entzündet“, erklärte sie. Baumgartner verwies auf die vielen Schriften und Zeitzeugendokumente, auf die Verbindungen, die mit einigen Familien der Opfer aufgebaut werden konnten, und auf die Arbeit des sehr engagierten Patientenkomitees, das die Interessen der kranken Juden im Gautinger Krankenhaus vertrat.
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