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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
"Farbe bekennen"
Neuer Anlauf trotz Ratsbeschlusslage: das Verkehrskonzept für Gräfelfing
Stau ohne Ende oder doch Entlastung des Ortes in absehbarer Zukunft? In Gräfelfing gibt es einen mehrheitlichen Beschluss zum Mobilitätskonzept und zur Prüfung einer Entlastungsstraße. Das Konzept soll mit einem Verkehrsplan mittels Bürgerbefragung aufgestellt werden. Dauer: bis Ende 2020. Das Bild zeigt die Pasinger Straße im Mai 2019. (Bild: us/archiv)
Der innerörtliche Verkehr, Verkehrsberuhigungen und Sicherung des Radverkehrs und natürlich der Bau einer Entlastungsstraße – das sind alles wichtige Gräfelfinger Probleme, die der Gemeinderat schon lange Zeit auf dem Tisch hat. Dafür gab es für den aktuell noch amtierenden Gemeinderat eine Verkehrsklausur. Im September 2018 fasste der Gemeinderat mit knapper Mehrheit den Beschluss zum Bau einer Entlastungsstraße von der Autobahn am Gewerbegebiet vorbei in Richtung Martinsried bei gleichzeitigem Verfassen eines Verkehrskonzepts.
Nachdem im Frühsommer 2019 der Kreistag mit 29:29 Stimmen den Straßenbau ablehnte, wurde zunächst auch das Mobilitätskonzept verschoben. Die Räte beschlossen daraufhin: Die Entlastungsstraße muss neu klassifiziert werden, die Beauftragung des Konzepts bleibt. Noch vor der Weihnachtspause tagte der Rat zum Konzeptauftakt mit Verkehrsplaner Helmuth Ammerl vom Büro Obermeyer. Der sprach nun ausschließlich über Verkehrsberuhigung, Verkehrsvermeidung und Stärkung des ÖPNV. Ebenfalls in der Diskussion waren E-Autos und deren Lademöglichkeiten. Von der Entlastungsstraße war keine Rede.
Verkehrskonzept ohne Entlastungsstraße?
Ende des Jahres könnten die Ergebnisse der Verkehrsplaner vorliegen. Einfließen sollen umfangreiche Bürgerbefragungen und die Anmerkungen wichtiger Institutionen wie zum Beispiel des ADFC. „Bei jeder Sitzung haben wir mindestens ein Verkehrsproblem zu lösen“, erklärte dazu Bürgermeisterin Uta Wüst (IGG). „Einzelmaßnahmen machen aber gar keinen Sinn. Wir brauchen ein Konzept. Und wenn wir das haben, können wir auch entscheiden, ob eine Entlastungsstraße nötig ist.“
Auch Grünen-Bürgermeisterkandidat Martin Feldner ignorierte die bestehende Beschlusslage des Gemeinderats. „Wir sind sehr froh über die Entwicklung. Die Entlastungsstraße ist nicht zwingend notwendig. Erst das Konzept und dann schauen wir weiter.“ Ihn störte allerdings der lange Zeithorizont. „Das dauert alles viel zu lange. Mir fehlen Entschlossenheit und Tempo.“ Und auch das Zahlenwerk sei „zu kurz gedacht. Hier muss ordentlich nachgebessert werden, wie sich unter welchen Umständen der Verkehr ändert und so weiter.“
„Mir fehlen Entschlossenheit und Tempo“
Die übrigen Fraktionen fanden weniger Zuspruch zum aktuellen Vorgehen. „Ich bin enttäuscht. Natürlich brauchen wir ein Verkehrskonzept, aber wir müssen doch erst einmal einen Konsens finden“, so die SPD-Bürgermeisterin Annette Kitzmann-Waterloo. „Der ist noch nicht einmal gesucht worden.“ Sie verstehe nicht, wie die aktuelle Beschlusslage ignoriert werden könne und dränge auf Beschleunigung und auf Abstimmung mit den anderen Gemeinden. „Das geht alles viel zu langsam.“
Gleicher Meinung ist auch Peter Köstler, zweiter Bürgermeister und CSU-Gemeinderat. „Wir als Fraktion waren sehr enttäuscht vom Vorgehen, von den aktuellen Diskussionspunkten und davon, dass von der aktuellen Beschlusslage nun keiner mehr was wissen will. Das Junktim war da, jetzt scheint es nur noch um Radfahrer und E-Autos zu gehen. So lösen wir keine Verkehrsfragen!“ Gräfelfing brauche klare Problemlösungen und ehrliche Antworten. Eine Fahrradschnellstraße und die Förderung von E-Autos seien keine ernsthaften Alternativen zum immer größer werdenden Verkehrsfluss.
Der BVGL-Bürgermeisterkandidat und Gemeinderat Florian Ernstberger mahnte ebenfalls die bestehende Beschlusslage an. „Warum hat sich die Bürgermeisterin nicht für unseren Beschluss stark gemacht? Straße und Konzept sind Junktim! Mir fehlen eindeutig Visionen und auch die Energie zum Umsetzen. Der Verkehr ist das Thema unserer Zeit. Aber mit E-Autos wird der Innerortsverkehr sicherlich nicht weniger.“ Klausur, Sondersitzungen und Diskussionen habe es zu Hauf gegeben. „Die Erkenntnisse haben wir doch schon längst. Jetzt muss man mal Farbe bekennen.“
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