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Stille Wasser

Leif Trenkler malt coole Bilder - zu sehen im Buchheim-Museum

Leif Trenklers Motive entstammen häufig der Poolwelt Amerikas: "Great Mountain Peak Terrace". (Bild: VG Bild-Kunst, Bonn 2021)

Er malt am liebsten Swimmingpools. Liegestühle und kühles Wasser vor schicken Häusern. Immer noch auf der Suche nach dem, was er als Kind nicht fand: Ruhe und Schönheit. Damals lernte er die Schattenseiten des Lebens kennen. Mit seinen Gemälden hat er sich längst auf die sonnige Seite emporgearbeitet. Leif Trenkler, Jahrgang 1960, macht spannende Kunst. Das Buchheim-Museum widmet dem Galeristen-Liebling nun die erste große museale Einzelausstellung.

Gemobbt

„Alle meine Bilder zeigen die Liebe zur Schönheit der Einsamkeit“, sagt der in Wiesbaden geborene Künstler, der in seinen Gemälden auch das Trauma eines Beinah-Wassertods verarbeitet. Er war ein ausgesprochen introvertiertes Kind, das unter seiner Umgebung litt. „Ich wuchs in einer Sozialsiedlung in einem Hochhaus auf. In meiner Kindheit wurde ich gehetzt, von den anderen Kindern gejagt und bedroht. Jeder Tag war ein Spießrutenlauf. Allein der Fahrstuhl war für mich schon der Horror, und er ist es bis heute geblieben.“

Dazu die temperamentvolle Familie, die von „morgens bis abends geschrien, gelacht und sich laut unterhalten hat“ – für den sensiblen Buben Stress ohne Ende. Aber jedes Jahr ging es nach Italien, zu einer befreundeten Familie, „die genauso laut war wie meine“. Eines Tages sei ihm alles zu viel geworden, er habe nur noch flüchten wollen. Wie eine Offenbarung war es deshalb, als der Kunststudenten-Sohn seiner Gastgeber ihn in die seinerzeit noch entvölkerten Uffizien nach Florenz mitnahm. „Als ich zum ersten Mal die kühlen und stillen Räume betrat, empfand ich eine Ruhe wie nie zuvor."

Sehnsucht nach Schönheit

In der Malerei der italienischen Renaissance fand der Zwölfjährige die Geborgenheit, die ihm bis dahin unerreichbar schien. „Schönheit war ab sofort das Wichtigste für mich. Im hintersten Winkel des Bücherregals meiner Eltern hatte ich einen Kunstband über europäische Kunstgeschichte entdeckt. Entdeckt – ich studierte den Wälzer täglich. Noch heute kenne ich jedes Bild in diesem Buch auswendig.“

Leif Trenkler ging an die Frankfurter Städelschule, später an die Kunstakademie Düsseldorf, auch Jörg Immendorff war einer seiner Lehrer. Nach dem Studium stellten ihn internationale Galerien aus. Er reiste viel, beeindruckt von der Natur, der Architektur, dem Licht anderer Länder.

Beinah ertrunken

Der in Köln lebende Trenkler erzählt auch über das Trauma seiner Kindheit, und was es für seine Bilder bedeutet. „Als Neunjähriger wäre ich beinahe in einem See ertrunken. Ein aufmerksames kleines Mädchen rettete mir durch laute Hilferufe das Leben. Ich musste wochenlang im Krankenhaus liegen. Dort träumte ich immer wieder von Wasseroberflächen, die ich von unten sah, und durch sie hindurch die Bäume am See und die Pflanzen an seinen Ufern. Ich verbinde seitdem Seenlandschaften, sich kräuselndes Wasser, Algen und Schilfpflanzen sowie die funkelnden Lichtflecken auf dem Wasser mit etwas ganz besonders Innigem. Bis heute übt für mich das Wasser einen ganz besonderen Reiz aus. Ich male seine Reflexionen, seine verschiedenen Farbwirkungen, stelle Menschen dar, die sich am und im Wasser bewegen, Kinder die dort herumrennen und ins Wasser springen.“

Bis 10. Oktober

Die Ausstellung im Buchheim-Museum erstreckt sich über zwei Säle. Im ovalen Saal des Erdgeschosses ist ein Überblick über Trenklers Bildgegenstände der vergangenen zehn Jahre versammelt: Architekturen, Autos, Menschen, Tiere, Flüsse. Der Turmsaal ist den aktuellen Arbeiten gewidmet.

Leif Trenkler: „Coloured Beauty“, bis 10. Oktober 2021 im Buchheim-Museum. Dort läuft auch noch die lang unterbrochene sehenswerte Ausstellung über den Expressionisten Maler Erich Heckel „Einfühlung und Ausdruck“, aber nur noch bis 20. Juni. Das Museum ist seit 19. Mai wieder geöffnet. Der Eintritt ist (ohne Coronatest) mit der Vorabbuchung von Besuchszeiten möglich.

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