Zorn wegen Schorn
Bürger wollen Naturzerstörung verhindern
Es ist ein Thema mit einer sehr emotional geführten Debatte: das geplante Gewerbegebiet Schorn. 194 kritische Stellungnahmen von privater wie öffentlicher Seite liegen der Stadt Starnberg derzeit vor, die noch abgearbeitet werden müssen. Auch wenn im Stadtrat eine große Mehrheit für das Vorhaben stimmt, die Bürgerinitiative gibt nicht auf, schon gar nicht, bevor der Kreistag entschieden hat, ob die Fläche aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden darf oder nicht. Sie glaubt, dass viele Leute noch gar nicht wissen, welche Dimensionen der "Campus Schorn" bekommen soll.
Furcht vor Neuverkehr
Es geht darum, dass die Post ihr Briefsortierzentrum im abgelegenen Weiler Schorn aufgegeben und verkauft hat. Was die Bürger jetzt auf die Palme bringt, sind mehrere Dinge. Eines davon ist die Befürchtung, dass Dörfer wie Neufahrn, Wangen und Schäftlarn dann die Belastung mit dem vielen Neuverkehr austragen müssen. Vor allem aber ist es die Größe des Projekts: dass nicht nur die frei gewordene Fläche von zwei Hektar genutzt werden, sondern alles zu einem "Mega-Gewerbegebiet", zu einer "Gewerbewüste", so die Gegner, expandieren soll, für das 47 Hektar Landschaftsschutzgebiet geopfert werden sollen. "Nicht einmal wir Grünen hätten gefordert, dass das alte Postgebiet entsiegelt werden soll", sagte Kerstin Täubner-Benicke bei der von den Grünen initiierten Veranstaltung "Schorn – eine schöne Bescherung" in der Kleinen Schlossberghalle. Die war jedoch mit etwa 35 Zuhörern sehr viel schlechter besucht als vorherige Treffen zum Thema. Die Starnberger Grünen-Bürgermeisterkandidatin findet, dass man mit dem bestehenden Gewerbegebiet auskommen und das Beste draus machen solle, "anstatt in die Landschaft rauszugehen".
Die Gegner des Projekts haben durch eine Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde neuen Aufwind bekommen. Diese hat das Vorhaben deutlich kritisiert und die Argumente der Stadt für zu wenig begründet gehalten.
"Größter Flächenverbrauch seit Jahrzehnten"
Das Gebiet sei hochwertige Landschaft und alles andere als eine wertlose Fläche, sagte die Sprecherin der Bürgerinitiative, die Biologin Dr. Ursula Lauer. Der "Campus Schorn" verschlechtere das Lokalklima, gefährde das Grundwasser und seltene Artenvorkommen wie die Zauneidechse. "Das ist der größte Flächenverbrauch seit Jahrzehnten", kritisierte der streitbare Naturschützer Günter Schorn, der ironischerweise so heißt wie das umstrittene Gewerbegebiet an der Autobahnabfahrt Schäftlarn/Wangen. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Hierneis wies darauf hin, dass sich in Bayern viele Gewerbegebiete für die Gemeinden gar nicht rechnen. Wie Landratskandidatin Martina Neubauer warnte er davor, 3.000 Arbeitsplätze zu generieren, für die die Stadt weder genug Fachkräfte noch Wohnungen habe. Von guter Nachbarschaft will in Schäftlarn (Landkreis München) derzeit niemand sprechen, die Gemeinde fürchtet die massive Verkehrsbelastung und ärgert sich über die mangelnde Gesprächsbereitschaft. "Die Stadt Starnberg mauert", kritisierte der Schäftlarner Gemeinderat Philipp von Hoyos.
Die Anfänge von Schorn
Das ehemalige Landgut wurde 1967 in mehrere Grundstücke verkauft. Bekannt war das Milchwerk mit Käserei. Nach dessen Schließung 1992 wollte der Landkreis Starnberg Schorn zum Standort einer großen Müllanlage machen, Bürgerproteste verhinderten das. Stattdessen siedelten sich 1998 die Deutsche Post und einige kleinere Firmen an.
Und das sagen die Befürworter
Die Befürworter des Projekts sehen in Schorn eine große wirtschaftliche Chance. Weil innerstädtisch die Gewerbeflächen ausgereizt sind, plant die Stadt Starnberg schon lange, sich in diesem Ortsteil weiterzuentwickeln. Mit dem Ziel, Gewerbesteuern in die kommunalen Kassen fließen zu lassen und Arbeitsplätze zu schaffen. Das Projekt soll die Asto-Gruppe umsetzen. Angesiedelt werden sollen vor allem Hightech- und IT-Firmen. Von besagten 47 Hektar sind knapp die Hälfte als Nettobauland vorgesehen, sprich die andere Hälfte bleibt Grünland. Die Planer sehen vor, das Gewerbegebiet optisch möglichst unauffällig in die Landschaft einzufügen. Die Verkehrsprobleme sollen mit einem Autobahn-Halbanschluss sowie Expressbuslinien gelöst werden.
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