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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Zeit(k)reise
Hilferuf der Altschützen - Traditionsverein sucht junge Leute
Toni Kuisl ist mit seinen 20 Jahren der Jüngste bei den Altschützen Tutzing, und eigentlich auch der einzige von den jungen Mitgliedern, der regelmäßig kommt. Das soll sich ändern, findet der Verein, der 1853 gegründet wurde und damit der traditionsreichste in Tutzing ist. Schützenmeister Florian Listl weiß zwar, dass der Verein mit vielen Freizeitangeboten konkurrieren muss und dass Tutzing kein Dorf mehr ist wie das benachbarte Unterzeismering, wo es keinen anderen Verein gibt als die Schützen. Dass aber nur Absagen kamen, wie vor zwei Jahren, als er an die Schulen schrieb, um die Jugend zu einem Probeschießen einzuladen, kann er nicht verstehen. Der Schießsport habe ein schlechtes Image, hieß es als Begründung. Listl schüttelt den Kopf: „Unser Sport ist doch sogar olympische Disziplin.“
Olympische Disziplin
Tatsächlich wird bei den Altschützen nur mit Luftgewehr oder -pistole geschossen, die alten Zimmerstutzen wurden schon lange aufgegeben. Listl hält den Schießsport für ideal, „um runterzukommen, um sich zu fokussieren.“ Gerade Jugendliche würden von der Konzentrationsübung profitieren, pflichten ihm einige Mitglieder bei, die sagen, dass bei ihren Kindern sogar die Schulnoten besser wurden. Auch der Schießstand im Untergeschoß der Dreifachturnhalle ist ganz modern und elektronisch ausgerüstet.
Trotzdem sind die Mitgliederzahlen geschrumpft, von 120 auf 60. Auch weint man Zeiten hinterher, als es gleich zwölf Jungschützen gab, wie etwa im Jahr 1998. „Wir haben eine Riesenlücke bei der Jugend, und es fehlt auch an 20- bis 40-Jährigen“, sagt Listl sorgenvoll. Auch mit Nachwuchs aus den eigenen Reihen ist es schlecht bestellt, die Kinder spielen lieber Fußball oder sind schon erwachsen und weggezogen.
Konkurrierende Freizeitangebote
Dabei werde jedes Mitglied herzlich und mit offenen Armen aufgenommen, versichert Listl. Längst sind die Zeiten vorbei, als es vor allem die Tutzinger Geschäftsleute waren, die zu den Altschützen gingen, so dass sogar der Postbote es kaum wagte, einen Antrag zu stellen. „Bayerisch muss man auch nicht sprechen, um hier zu schießen“, lacht Petra Bauer, die aus Bremerhaven stammt. Sportlich-freundschaftlicher Wettbewerb und ein geselliges Miteinander prägen den Verein, der jeden Mittwochabend im Schützenstüberl zusammenkommt. Geschossen wird meistens um einen Jackpot, um Sekt oder Blumen.
Toni Kuisl, der mit zwölf angefangen hat, gefällt es jedenfalls. „Meine zwei Freunde haben wieder aufgehört, aber ich bleibe dabei.“
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