Weniger ist mehr
Manuela Gaßner braucht nur einen Müllsack im Jahr
Einen, höchstens zwei gelbe Säcke mit Plastikmüll bringt Manuela Gaßner zusammen. Im Jahr, wohlgemerkt. „Gar kein Müll geht nicht“, hat sie erkannt, auch wenn sie Anhängerin der „Zero Waste“-Bewegung ist. „Klein anfangen, rät sie deshalb ihren Zuhörern im Landratsamt. „Ein Sack weniger pro Abholung, das ist realistisch.“
Vor drei Jahren hat Gaßner ihr Leben radikal umgekrempelt. Die Freisingerin ist Mutter von drei Kindern, Bloggerin, promovierte Agrarwissenschaftlerin und Dozentin an der Hochschule Weihenstephan. Ein Wohnungsumzug war es, der das Umdenken auslöste. Muss ich das wirklich alles mitnehmen, habe sie sich angesichts der Berge von Sachen bestürzt gedacht. Also hat sie aussortiert, verkauft, verschenkt. Reduzieren, das ist ein Zauberwort in der Müllvermeidung. „Braucht’s das wirklich, so viele Pflegecremes für jeden Körperteil, oder die tausend Putzmittel fürs Haus?“ fragt sie. Und dann der Verpackungswahnsinn, selbst geschälte Eier und Karotten werden für kochfaule Singles angeboten. Konsequent lehnt Gaßner ab, was sie nicht braucht, gerade solche Rabattaktionen wie „Kaufe drei, zahle zwei“. Teure Gartengeräte werden mit den Nachbarn geteilt. Auf ihrem Garagendach pflanzt sie Gemüse an, Kräuter und Tees. Sogar Hühner hält sie in der Stadt. Kauft lieber hochwertige Kleidung, als Sachen, die nach einer Saison ausgeleiert in der Altkleidertonne landen. Die Müllvermeidung geht beim Einkaufen weiter. Lebensmittel besorgt sie unverpackt im Bioladen oder Geschäften wie „Abfüll-Bar“, die Müsli oder Reis für jeden Kunden portionieren. Beim Tipp, mit der eigenen Box zum Metzger zu gehen, gibt es Kontra aus dem Publikum: das hätte aus Hygienegründen nicht funktioniert. Gaßner aber hat ihren Freisinger Metzger dazu gebracht, die Box auf ein Tablett zu stellen und über die Theke zu reichen.
Einen Anfang machen
Oft hört Gaßner, dass das doch gar nichts bringt, weil alle andern doch weiter Müll produzieren. Aber das ist nicht richtig. Als ein Schweizer Supermarkt klein geschnittene Apfelscheiben in Folie verpackt anbot, hagelte es Proteste von wütenden Kunden – die Plastikäpfel verschwanden. „Und auch die verschweißten Bio-Gurken sind auf dem Rückzug“, hat sie beobachtet. Wenn viele aufstehen und sich wehren, Handelsriesen anschreiben oder Parlamentsabgeordnete, kann das Dinge bewegen. Genauso wichtig ist es, bei sich selbst anzufangen. In den letzten sechs Jahren ist die Zahl der weggeworfenen Lebensmittel um ein Drittel gestiegen, auf 18 Millionen Tonnen jährlich. Gaßner hat auch die aktuellen Zahlen für Starnberg parat: jeder Landkreis-Bürger produziert jährlich 550 Kilo Müll.
190.000 Wegwerfbecher täglich
Vieles, was die Müllvermeiderin sagt, ist nicht neu. Klar, recyclen soll man, regional einkaufen und nicht so viele Billigklamotten kaufen. Man weiß mittlerweile auch, dass es wiederverwendbare Kaffeebecher gibt, auch wenn es immer noch schockt, dass in München 190.000 Coffee-to-go-Becher am Tag weggeworfen werden.
Bayerische statt indische Waschnüsse
Es sind aber auch ungewöhnliche Tipps, die Gaßner an dem Abend parat hat. Internet-Initiativen wie „Zu gut für die Tonne“ informieren, wie abgelaufene Lebensmittel und angegammeltes Gemüse noch verkocht werden können. Beim „Foodsharing“ kann man den Inhalt vom Kühlschrank abgeben, wenn man morgen in Urlaub fährt. Die Haare wäscht die Freisingerin nur noch mit Haarseife und spart die Shampooflasche, das Deo kocht sie sich selbst aus Natron, Stärke und Wasser. Zum Abschluss verblüfft sie die Zuhörer mit einem Rezept für bayerische Waschnüsse. Denn der Hype hierzulande um die „indischen Waschnüsse“ hat dazu geführt, dass diese nicht schnell genug nachwachsen und die Inder wieder auf chemisches Pulver zurückgreifen. „Das geht auch regional“, sagt Gaßner. Acht Kastanien vierteln, über Nacht in Wasser einweichen und mit dem Sud die Wäsche waschen.
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