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Vom "Baby" zur Antiquität

Spaziergang zu den Orgeln der Gemeinde Tutzing

Helene von Rechenberg vor der Orgel in der Evangelischen Christuskirche. (Bild: pst)

Die älteste ist 300 Jahre alt, die jüngste zwei – eines haben die Orgeln aber gemeinsam: Sie klingen jede in ihrer Art wunderschön und haben sich damit die Bezeichnung „Königin der Instrumente“ wirklich verdient. Es ist schon erstaunlich, dass gerade in Tutzing so viele Orgeln stehen. Insgesamt gibt es elf Stück. Am Tag des offenen Denkmals hat der Verein zur Förderung der Kirchenmusik und die Gemeinde zu einem „Orgelspaziergang“ eingeladen. Kirchenmusikerin Helene von Rechenberg demonstrierte die Eigenart von fünf Tutzinger Orgeln. Dazu gab es passende Musikbeispiele. Den Beginn machte die kleine Orgel in der Kirche St. Nikolaus auf der Ilkahöhe. Ihr klarer heller Klang bildete einen reizvollen Kontrast zu den Kuhglocken, der auf der benachbarten Wiese weideten Rinder.

Die älteste Orgel am Ort steht im Ortsmuseum. Sie wurde 1720 erbaut. Unglaublich: Das Instrument wurde in den 1970-er Jahren in seine Einzelteile zerlegt auf dem Dachboden der Kallevilla entdeckt. In den 1980-er Jahren wurde die Orgel restauriert und zunächst in St. Nikolaus aufgestellt. Allerdings passte ihre mitteltönige Stimmung nicht zu den späteren Orgelstücken, die für gleichstufig gestimmte Orgeln geschrieben wurden. Dadurch klingen manche Akkorde direkt falsch. Früher haben die Kirchenmusiker beispielsweise die Auferstehung durch C- und D-Dur-Akkorde untermalt, wenn es um Tod und Teufel ging, gab es den schrägen H-Dur-Akkord, erklärte Rechenberg. Orgeln gibt es aber bereits seit der Antike.

Immaterielles Kulturerbe der Menschheit

2017 sind Orgelbau und Orgelmusik übrigens von der Unesco (Abkürzung für: United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, steht für: Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit). Auch die Beer-Orgel, die derzeit in der Kirche Peter und Paul steht, stand einmal auf der Ilkahöhe. Damals gab es in dem Kirchlein sogar eine Empore, die aber mittlerweile abgerissen ist. Der Orgelbaumeister Johann Georg Beer (1816-1876) stammte aus Andechs. Rechenberg schätzt diese unempfindliche und stabile Orgel sehr. Vor allem die Flötenregister wären besonders reizvoll.

Die größte Orgel im gesamten Landkreis Starnberg steht in der Tutzinger Pfarrkirche St. Joseph. 12,5 Tonnen ist die Sandtner-Orgel schwer. Das 1984 erbaute Instrument hat über 3.000 Pfeifen, 44 Register, die den Tönen bestimmte Klangfarben verleihen und drei Manuale (so werden die Tastaturen genannt). Das gewaltige Crescendo und der kathedrale Klang komme besonders gut mit französischer Orgelmusik zur Geltung, wusste Rechenberg.

In der Evangelischen Christuskirche stellte Pfarrerin Beate Frankenberger die Klais-Orgel vor. 900 Pfeifen und 15 Register hat die Orgel. 1985 hatte sie 240.000 Mark gekostet. Die Kirchenmusikerin spielte Stücke von Johann Sebastian Bach. Er wird wegen seiner kirchlichen Musikkompositionen auch als fünfter Evangelist bezeichnet, erklärte Rechenberg.

Angesichts des großen Interesses soll es im nächsten Jahr wieder einen Orgelspaziergang geben.

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