Neuer Kurs
Das Musem Starnberger See hat wieder einen Chef
Das Museum Starnberger See steht unter neuer Leitung. Benjamin Tillig heißt der 37-Jährige, der vom Wilhelm-Busch-Museum in Wiedensahl (Niedersachsen) nach Starnberg kommt. Was er hier alles anpacken will, verriet er in einem Pressegespräch.
"Museum muss Geschichten erzählen"
Ihm geht es vor allem darum, die Besucher nicht mit Informationen zu erschlagen, sondern über die Emotionen zu erreichen. „Ein Museum muss Geschichten erzählen“, daran glaubt der neue Museumschef, dessen Vertrag ab 1. Mai läuft, ganz fest. Dass er anderen gern etwas vermittelt, hat er im Laufe seines Werdegangs festgestellt. Der gebürtige Leipziger studierte in Köln Medienkunst. Doch irgendwann habe er die Erfahrung gemacht, dass er lieber mit Fotos, Werken und Installationen „Geschichten erzählen“ möchte als selber Künstler zu sein. So wurde er Kurator, der in der Städtischen Kunsthalle in Köln arbeitete und danach im Freundeskreis der Pinakothek der Moderne in München. Weil seine Frau ein Top-Angebot in Niedersachsen hatte, ging er ihr zuliebe mit. Wiedensahl, 1000 Einwohner, ist der Geburtsort von Wilhelm Busch. Die Besucherzahl von 8.000 im Jahr ist ähnlich wie in Starnberg. „Ich habe dort viel gelernt und möchte das einbringen“, erklärt Tillig, der durchblicken lässt, dass ihn die sperrige Mentalität der Menschen dort oben zur Rückkehr veranlasst hat. Er fühle sich im Kulturraum rund um München mehr zuhause, dazu trage auch bei, dass ein Teil der Familie in Ammerland lebe.
Cool, da steht ein Schiff
„Cool, da steht ein Schiff im Museum“: Tillig kann sich noch genau erinnern, dass das sein erster Gedanke war, als er 2012 zum ersten Mal das Haus mit dem historischen Boot der Wittelsbacher Flotte besichtigte. Um bleibende Eindrücke geht es ihm auch in der Museumsarbeit. „Texte auf Tafeln werden gelesen und schnell vergessen“, winkt er ab. „Die Besucher müssen etwas erleben und sich beim Rausgehen anders fühlen.“
Wie so etwas aussehen könnte, lässt sich aus seiner Bewerbung ablesen. Wie Bürgermeisterin Eva John berichtet, haben die Finalisten unter den 90 Kandidaten nämlich die Aufgabe von der Stadt bekommen, erste Ausstellungskonzepte zu skizzieren. Mit seiner Idee von Kulturräumen am See im internationalen Vergleich überzeugte Tillig ebenso wie mit der von Seeungeheuern auf der ganzen Welt. Doch eine erste Ausstellung sei frühestens im August zu erwarten, schiebt John nach. Denn der neue Leiter müsse sich erst einarbeiten. „100 Tage Welpenschutz“ gesteht sie ihm zu.
Geschichten erzählen
Tillig möchte zunächst nicht nur die Räume im Museum und ihre Exponate überprüfen, sondern auch das Depot sichten, um in dieser Zusammenschau ein Leitbild zu entwickeln. Die Verbindung von dem historischen Lochmann-Haus und dem modernen Anbau fände er sehr reizvoll, genauso wie das Spannungsfeld zwischen Kultur und Natur. Die Ausstellungen müssen eine „Anbindung an das hier und jetzt“ haben und die Einheimischen will er genauso ansprechen wie die Touristen. Bis Mai kommt der neue Leiter zwei Tage im Monat nach Starnberg, denn noch ist er in Niedersachsen beschäftigt. Dann will Tillig mit Frau und elfjährigem Sohn in München wohnen.
8.500 Besucher sind 2018 ins Museum gegangen, mit den Zahlen ist Bürgermeisterin John durchaus zufrieden. „Es ist eine Steigerung zu erkennen.“ Noch sei die Hauptklientel über 50 Jahre, „aber die Jüngeren holen auf“. Vor allem über den Zuwachs an Kindern und Jugendlichen freut sie sich, die das Haus über Schulausflüge und das Ferienprogramm kennenlernen würden.
Aus dem 1914 eröffneten Heimatmuseum wandelte sich das Museum Starnberger See mit der Eröffnung des Neubaus 2008 zu einer moderneren Einrichtung, die darum bemüht ist, nicht nur lokale Bedeutung zu haben. Die Leitung war einige Monate vakant, da im letzten Oktober die bisherige Direktorin Sibylle Küttner nach sechs Jahren überraschend ans Gartenbaumuseum in Erfurt wechselte.
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