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Monarch ohne Krone

Ein Vortrag beleuchtet den fast vergessenen Kronprinz Rupprecht

Kronprinz Rupprecht mit seiner ersten Familie. Seine Frau starb früh, von den Kindern erreichte nur eines das Erwachsenenalter. (Bild: Archiv S. Hauck)

Hatte Kronprinz Rupprecht (1869-1955) das Zeug zum guten König? Der Historiker Golo Mann war sich sicher: „Er war ein vorzüglicher Mann, ein echter Landesvater.“ Der Sturz der Monarchie vor 100 Jahren verhinderte, dass der Wittelsbacher beweisen konnte, was in ihm steckt. Eberhard von Lochner brachte diese fast vergessene Figur der Geschichte dem zahlreichen Publikum des Buzentaur-Kulturkreises näher. Sein Interesse für den Kronprinzen kommt daher, dass sich die Wege der Familien einmal gekreuzt haben: Sein Großonkel sei öfter als Spielkamerad für den gleichaltrigen Rupprecht eingeladen worden, wenn sich die Wittelsbacher in ihrer Villa in Linda aufgehalten hätten, erzählt der pensionierte Geschichtslehrer auf Nachfrage.

Private Schicksalsschläge

Eine von Gewalt geprägte Erziehung, persönliche Schicksalsschläge, der Verlust der Macht bestimmten das Leben Rupprechts von Bayern. Privat war er ein Feingeist, der ganz in Kultur und Kunstgeschichte aufging und ferne Länder bereiste. Als erster bayrischer Königssohn besuchte er eine öffentliche Schule, das Max-Gymnasium in München. Der frühe Tod seiner ersten Frau setzte einer glücklichen Ehe überraschend ein Ende, und von fünf Kindern musste er vier begraben. Biografen halten ihm zugute, dass er sich im Ersten Weltkrieg für einen Verhandlungsfrieden einsetzte. Als sein Vater Ludwig III. im Jahr 1921 starb, stellte sich für den Sohn die „Königsfrage“. Einerseits sah er sich als Erbe der bayerischen Krone und gab auch nie offiziell seinen Thronanspruch auf, andererseits schien ihm die politische Lage in der Weimarer Republik zu wenig aussichtsreich für eine Rückkehr zur Macht. „Ein Dreckhaufen ist kein Thron für einen Wittelsbacher“ soll er einmal gesagt haben. Standhaft blieb er den Nazis gegenüber, zu denen er von Anfang an auf Distanz ging. Stattdessen suchte er Unterstützer bei den monarchistischen Widerständlern für die Zeit nach Hitler. Das wäre ihm fast zum Verhängnis geworden, denn die Gestapo war 1939 schon auf den Weg nach Leutstetten, um ihn zu verhaften. Buchstäblich in letzter Minute konnte er nach Italien fliehen, wo er sich bis Kriegsende versteckte.

Die Familie im KZ Dachau

Ein schlimmeres Schicksal wartete auf seine in der Heimat gebliebene zweite Frau mit den Kindern. Ihnen gelang die Flucht nicht, sie wurden nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 ins Konzentrationslager Sachsenhausen, später Dachau gebracht. Die Kronprinzessin betrat nach ihrer Freilassung 1945 nie mehr bayerischen Boden und erholte sich von der Haft nicht mehr. Tochter Irmingard verarbeitete ihre traumatischen Erfahrungen in Erinnerungen und Bildern. Nach dem Krieg flammte noch einmal die Diskussion um die „Königsfrage“ auf. Aber mit Mitte 70 wusste Rupprecht: „Ich bin ein abseitiger Mann.“ Als der sehr verehrte Kronprinz 1955 auf seinem Sommersitz in Leutstetten starb, war die Trauer im Volk groß.

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