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Junger Verein und alte Riesen

Bernrieder Baumveteranen dürfen ihren Lebensabend in Ruhe verbringen

Die Wotan-Eiche ist viele Jahrhunderte alt. (Bild: Hauck)

Der Magie uralter Bäume kann sich kaum jemand entziehen. Ehrfürchtig bestaunt man ihre verwitterte Rinde, ihre mächtigen Stämme, die die Last der Jahrhunderte zu knorrigen Naturmonumenten geformt hat. Wie ein Wunder scheint es, wenn die Überlebenskünstler im Frühjahr wieder all ihre Kraft zusammennehmen, um grüne Blätter auszutreiben. In Deutschland gibt es zu wenige dieser Baumveteranen. Deswegen ist der Bernrieder Park etwas ganz Besonderes, denn in seinem Schutz haben viele der so genannten „Methusalem-Eichen“ die Zeiten überdauert. Die Pflege dieser einzigartigen alten Bäume ist aufwendig und teuer, die Bürger sorgen sich um den Erhalt der Parklandschaft. „Deshalb haben wir vor einem halben Jahr einen Förderverein gegründet“, erklärt Barbara Eder, die Vorsitzende der „Freunde des Bernrieder Parks“.

Seit dem Mittelalter

Seit dem Mittelalter stocken, so der Fachbegriff, majestätische Eichen rund um das Kloster. Mönche pflanzten sie als Weidebäume für das Vieh, das sich von den Eicheln und Trieben ernährte. Eichen und Linden können ohne weiteres 500 oder 600 Jahre alt werden, manchmal sogar tausend Jahre. Aber in ganz Deutschland gibt es nur wenige Bäume, die tatsächlich ein so hohes Alter erreichen. „Meistens werden sie aus wirtschaftlichen Interessen irgendwann gefällt“, so Karl-Otto Kullmann, der Kuratoriumsvorsitzende der Wilhelmina-Busch-Woods-Stiftung, die sich seit 70 Jahren um den Park kümmert. Die Bernrieder Baumveteranen durften überleben, weil die steinreichen Vorbesitzer die Einnahmen nicht brauchten. „Schon der Freiherr von Wendland hat sich an den alten Bäumen erfreut“, weiß Kullmann. Erst recht die letzte Privatbesitzerin, die Brauerei-Erbin Wilhelmina Busch-Woods. Sie verfügte in ihrem Testament nicht nur den Erhalt des Parks, sondern schenkte ihn quasi der Öffentlichkeit. Doch in Zeiten niedriger Renditen ist es für die Stiftung immer schwerer geworden, das Geld für die Pflege zu erwirtschaften. Deshalb wollen Stiftung und Förderverein in Zukunft Hand in Hand arbeiten. „Wohl jeder, der in Bernried lebt, hat eine ganz enge Beziehung zu dem Park“, erklärt Barbara Eder die Motivation der Bürger. „Diese 80 Hektar unverbaute Landschaft direkt am See sind ein einzigartiges Geschenk.“

Baumpatenschaften

Die Mitglieder finanzieren mit ihren Beiträgen und Spenden nicht nur die Pflegemaßnahmen, sondern legen unter fachlicher Anleitung auch selbst Hand an, mähen die Wiesen und halten die Sichtachsen zum See frei. Möglichst viele Bernrieder und Naturfreunde, aber auch die Schulen und Ortsvereine sollen miteingebunden werden. Wer gern helfen möchte, kann auch eine Patenschaft für eine Parkbank oder einen Baum übernehmen. Sofern sich der Corona-Spuk in den Sommermonaten hoffentlich verzogen hat, will der Verein dann richtig loslegen. „Wir möchten zum Beispiel Geocaching für Kinder veranstalten und vor allem regelmäßig Führungen“, hat sich Eder vorgenommen. Darunter Führungen zur Historie, aber auch zur Biodiversität. Denn aus wissenschaftlicher Sicht sind die Methusalembäume hochinteressant. In dem alten Holz gedeihen seltene Insekten und Pilze.

Mehr Bewusstsein

Einige der betagten Bäume im Park haben Namen. Etwa die Wotaneiche, die ihre knorrigen Äste am Seeleitenweg zum Himmel reckt. Wieviele Jahrhunderte sie alt ist, bleibt ihr Geheimnis. „Um das zu lüften, müsste man sie anbohren, aber das will dem Baum ja niemand antun“, erklärt Kullmann. Dem Förderverein geht es auch darum, den Besuchern die Augen für das einmalige Naturerbe zu öffnen. „Viele spazieren hier durch und denken sich, ach, das sind halt ein paar Wiesen und Bäume“, bedauert Eder. Sogar mancher zugereiste Neu-Bernrieder wüsste gar nicht, dass er sich in einem historischen Gartendenkmal befindet, einen von Oberhofgärtner Carl von Effner kunstvoll angelegten englischen Landschaftspark. Dafür will der Verein mehr Bewusstsein schaffen und die Parkeingänge und besonderen Sichtpunkten besser ausschildern, am liebsten mit neuen Infotafeln nach dem Vorbild englischer Parks.

Im Bernrieder Park wird natürlich nachgepflanzt, damit auch die nächsten Generationen etwas von der Natur haben. Denn viele der Bernrieder Baumveteranen sind in ihrem letzten Lebensdrittel. Das kann man daran sehen, dass sie abgestorbene Zweige haben und dass ihr Stamm in mehrere Teilbäume zerfällt. Ihre ursprüngliche Baumkrone wird immer kleiner, so dass sie Schwierigkeiten haben, genügend Licht für die Photosynthese einzufangen. Das heißt aber noch nicht, dass sie bald absterben. Wenn sie wenig Stress haben, haben sie noch etliche gute Jahre oder Jahrzehnte vor sich. „Bei uns können sie in Ruhe alt werden“, so Karl-Otto Kullmann.

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