Hilfe, unser Teenager spinnt!
Erziehungsfahrplan für Eltern und Kinder
Fünfzehnjährige, die keinen Finger im Haus rühren, nicht aus dem Bett finden, stundenlang am Handy hängen und dann noch motzig sind. Um zu erfahren, was man da tun kann, kamen 30 Mütter und Väter zum Vortrag „Pubertät – eine Herausforderung für die Eltern!“ der Jugend- und Familienberatungsstelle Starnberg. Psychologe Rüdiger Reinhardt gab viele Tipps, wie man die Eskalation zu Hause vermeidet.
Dass die Teenies dermaßen reizbar, respektlos und verpeilt sind, erklärt sich vor allem damit, dass im Gehirn ein Großumbau stattfindet – ein Prozess, der erst im Alter von 20 Jahren abgeschlossen ist. „Ganz normal, dass sie die verschimmelten Teller im Zimmer vergessen“, beruhigte der Psychologe. „Und daher ihr impulsives Handeln, sie suchen den Kick und langweilen sich schnell. Sie brauchen starke Reize, um überhaupt etwas zu fühlen. Daher kommt auch der unkontrollierte Umgang mit Alkohol.“ Weise Ratschläge der Eltern würden wenig ausrichten. „Es hilft nichts, die Jugendlichen müssen und wollen eigene Erfahrungen machen.“ Eher sollte man mit praktischen Ratschlägen Schlimmeres verhüten, etwa dass man vor der Party nochmal ordentlich essen sollte. Mit viel Humor und Sinn für Alltagstauglichkeit gab’s von Reinhardt eine Menge Erziehungstipps zu folgenden Situationen, die die Eltern die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lassen:
Igeln sich stundenlang im Zimmer ein: Das ist normal in dem Alter. Trotzdem brauchen die Jugendlichen die Präsenz der Eltern im Haus, sonst kommen sie auf dumme Gedanken. Berufstätige sollten am nachmittag Kontakt mit ihnen halten.
Schlafen am Wochenende bis Mittag: Auch das ist normal – weil sie später müde werden, aber wegen des Wachstums trotzdem viel Schlaf brauchen. Sie holen am Wochenende nach, was ihnen unter der Woche fehlt. „Ausschlafen ist wichtig, bloß nicht am Sonntag um 9 Uhr wecken.“
Streit, Wutausbrüche, Machtkämpfe: Eskalation nicht mitmachen, wenig antworten und das Gespräch verlangsamen. Keinesfalls lange Grundsatzvorträge halten. Im schlimmsten Fall weggehen und so etwas sagen wie „Ich muss jetzt den Keller aufräumen, wir reden ein andermal weiter.“
Räumen ihr Zimmer nicht auf oder machen das Licht abends nicht aus: Eine feste Zeit vereinbaren, zum Beispiel Freitag um 18 Uhr. Der Teenie ist im Zimmer am Handy und es passiert nichts. Was tun? Zur verabredeten Zeit reingehen: „Ich warte, dass du anfängst.“ Der Psychologe rät dazu, konsequent zu warten und zu insistieren. „Das nervt die Jugendlichen ungeheuer, wenn man stehenbleibt und nichts sagt. Lassen Sie sich nicht beirren, selbst wenn es heißt, geh‘ raus, du störst!“
Sind immer zu spät von der Party daheim: Präsent zeigen. "Lassen Sie sich Nummer und Adresse geben. Wenn der Nachwuchs um 23 Uhr nicht da ist und mal wieder das Whatsapp tot ist: fahren Sie hin und klingeln Sie, oder gehen Sie in die Disco rein, um die Tochter abzuholen. Das ist oberpeinlich.“
Verpassen jeden Tag den Schulbus: „Da müssen die Eltern lernen, Verantwortung an die Jugendlichen zu delegieren. Sie können helfen, indem sie die Kinder wecken, aber fahren Sie sie nicht zur Schule.“
Psychologe Reinhardt rät dazu, alle drei Wochen einen Familienrat einzuberufen und die Regeln schriftlich zu notieren. Welche Strafen es für gebrochene Regeln gibt, sollen die Teenager selber bestimmen. Wer als Eltern möchte, dass die Jugendlichen mehr im Haushalt helfen, kann vereinbaren, dass es nur einen Grundbetrag als Taschengeld gibt. Für alle „erledigten Jobs“ kommt noch ein Drittel obendrauf.
Konsequent zu bleiben, ist das A und O in der Erziehung. „Das Insistieren muss man lernen.“ Dass das freilich nicht immer leicht ist, weiß der Familiencoach aus eigener Erfahrung. „Selbst als Psychologe war ich manchmal am Ende mit meinen Kindern."
Nächstes Elterncoaching in der Familienberatungsstelle in der Moosstraße: „Muss ich immer erst laut werden…?!“ (Vortrag am 27. März) und „Soziale Netzwerke und Messenger-Dienste“ (3. April, jeweils 15.30 Uhr).
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