5-Seend Wochenanzeiger Wir sind Ihr Wochenblatt für das Fünfseenland

Bittere Pille

Verschobene Sanierung des Tutzinger Gymnasiums löst Entsetzen aus

Dunkle Wolken sind über dem Gymnasium Tutzing aufgezogen. (Bild: Susanne Hauck)

Die Nachricht war vor Weihnachten wie eine Bombe eingeschlagen, dass aus der Sanierung des Gymnasiums Tutzing aus Geldgründen erstmal nichts wird. Der Finanz- und Haushaltsausschuss des Landkreises hatte das im Dezember so beschlossen und der Kreistag hat den Haushalt entsprechend abgesegnet. In Tutzing hat die neuerliche Verschiebung der langerhofften Instandsetzung des maroden Gebäudes Bestürzung, aber auch Wut ausgelöst. Die Schulfamilie fühlt sich abgehängt, auch weil ein paar Kilometer weiter in Herrsching für 100 Millionen Euro ein neues Gymnasium gebaut wird.
„Der Elternbeirat des Gymnasiums Tutzing reagiert erzürnt und entsetzt“, wendet sich die Elternvertretung mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. „Die gesamte Schulfamilie ist erschüttert, zumal es zu diesem folgenschweren Plan keinerlei Informationen im Vorfeld gegeben hatte.“ Das Gymnasium sei seit über einem Jahrzehnt baulich in einem schlechten Zustand, auch in Hinblick auf feuerpolizeiliche Fragestellungen im Südbau, heißt es weiter. Die in den Presseberichten angesprochenen „notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen“ würden bereits heute nicht umgesetzt, so dass die Elternschaft fest mit der baldigen – jetzt zum wiederholten Mal verschobenen – Generalsanierung gerechnet hätte.

Defekte Fenster und Türen

„In manchen Klassenräumen kann man die Fenster nicht öffnen, dafür aber die Türen nicht schließen“, erklärt der Elternbeiratsvorsitzende Dr. Karl Kolmsee. Auch in punkto Digitalisierung fühlt sich die Schule im Regen stehen gelassen. Denn, so die Pressemitteilung weiter, mit der Sanierung sollte auch ein Digitalkonzept an der Schule umgesetzt werden. Die Mehrzahl der Klassenräume, insbesondere die der höheren Klassen, verfüge über kein WLAN, geschweige denn über einen Breitbandanschluss. „Hier werden die Prioritäten völlig falsch gesetzt“, wird Peter Müller, Mitglied des Gesamtvorstands der gymnasialen Landeselternvereinigung in Bayern LEV und Leiter des Arbeitskreises Sanierung beim Elternbeirat, zitiert. „Das Landratsamt wird mit Millionen modernisiert, Straßen und Tunnels saniert, das Finanzamt auf dem Berg thront mit feinstem Stahl und Beton, aber die Kinder bleiben wieder mal auf der Strecke – und das nach zwei Jahren Lockdowns und einer bayernweit miserablen digitalen Anbindung der Klassenzimmer. Das ist Stand des 20. Jahrhunderts.“
Der Elternbeirat kündigte an, nach vielen Jahren des Wartens erneut und zum wiederholten Mal das Gespräch mit dem Landrat, aber auch den Parteien suchen, um eine Lösung zu finden; „Schon während COVID-19-Pandemie waren unsere Kinder enormen psychischen Belastungen ausgesetzt, muss man der jungen Generation nun auch noch die Zukunft mit antiquierten und baufälligen Schulräumen verbauen? “, fragt Elternbeirätin Dr. Franziska Matthies-Wiesler, ebenfalls Mitglied des Arbeitskreises Sanierung.

Der Landrat verteidigt die Maßnahme

Die geplatzte Sanierung der Schule war ein großes Thema in der letzten Kreistagssitzung gewesen, ebenso wie der verschobene Bau der Starnberger FOS/BOS. Kreiskämmerer Stefan Pilgram verteidigte die Maßnahme mit der Krisenlage, sicherte aber zu, dass der Planungsprozess für die Generalsanierung fortgeführt werde, auch wenn die Umsetzung – abhängig von der Finanzlage - frühestens ab 2027 erfolgen könne. Die Fraktionen akzeptierten die neue Situation notgedrungen. „Das mit Tutzing ist bitter“, bedauerte etwa SPD-Fraktionssprecher Tim Weidner, betonte aber, dass in der derzeitigen Finanzklemme nur bereits begonnene Projekte weitergeführt werden könnten. Landrat Stefan Frey (CSU) wollte die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen, dass Tutzing im Stich gelassen werde. „Wir treiben die Generalsanierung weiter mit Hochdruck voran“, versicherte er im Kreistag. Der Landkreis habe bereits 1,3 Millionen Euro investiert, auch die Digitalisierung sei mit digitalen Schultafeln schon in Angriff genommen worden. Ohnehin sei ein Umbau von heute auf morgen angesichts all der notwendigen Vorplanungen niemals realistisch gewesen.
Die Sanierung des Gymnasium Tutzings hat eine lange Vorgeschichte. Schon die Gemeinde Tutzing, lange Zeit Trägerin der Schule, hatte sich die Instandhaltung finanziell und personell nicht mehr leisten können. Als der Landkreis Starnberg 2020 die Trägerschaft übernommen hatte, war das mit großen Hoffnungen verbunden gewesen.
Das Tutzinger Gymnasium gibt es seit 1951, zunächst mit einem Mädchen-Realprogymnasium in der Kustermann-Villa. Seit 1956 ist die Schule in der Kalle-Villa beheimatet. Wegen der stetig steigenden Schülerzahlen wurde Ende der 1950er-Jahre ein Erweiterungsbau fertiggestellt, in den 1970er-Jahren folgte der Nordbau und die Turnhallen. Das Gymnasium mit circa 750 Schülern wird von Andreas Thalmaier geleitet.

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt