Bild-Geschichten
Buchheim Museum will Herkunft von Kunstwerken klären
Provenienzforschung ist zurzeit ein großes Thema. Es geht dabei um die Prüfung der Herkunft von Gemälden, ob sie nicht etwa in der NS-Zeit enteignet, unter Zwang verkauft oder gestohlen wurden. In diesem Fall sollen sie an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben werden. Die Buchheim Stiftung legt Wert auf die Feststellung, dass sie die erste private Kulturinstitution Deutschlands war, die sich offiziell zur Washingtoner Erklärung bekannt hat. Für ein nichtstaatliches Museum ist das wegen der beschränkten finanziellen Mittel eine besondere Herausforderung.
„Seit meinem Amtsantritt 2013 versuche ich, die Provenienzforschung am Haus zu etablieren“, so Museumsleiter Daniel J. Schreiber, dem das Ganze ein großes Anliegen ist. „Es ist ethisch geboten, Raubkunst ausfindig zu machen, mit den Geschädigten oder deren Erben in Kontakt zu treten, mit ihnen gemeinsam eine Lösung zu finden und damit einen Beitrag zur Heilung von Wunden zu leisten, die das NS-Regime geschlagen hat.“
Seit 2017 wird die Sammlung systematisch auf NS-Raubkunst untersucht und die Erkenntnisse seit 2019 in der Sammlung Online des Buchheim Museums veröffentlicht. Dazu hat das Museum auch eine neue Broschüre herausgegeben. Sie bietet Besuchern Hintergrundinformationen und stellt die Rechercheergebnisse zu fünf prominenten Werken der Künstler Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Lovis Corinth und Max Kaus in Fallbeispielen vor.
„Uns interessiert, wann ein Werk das Atelier des Künstlers verlassen hat, welcher Kunsthändler es verkaufte, in welchen Ausstellungen es zu sehen war und ob es weitervererbt, verschenkt, eingetauscht oder vielleicht einmal geraubt wurde“, berichtet Johanne Lisewski, Provenienzforscherin am Buchheim Museum von ihrer Arbeit.
Es ist Detektivarbeit
Es ist eine wahre Detektivarbeit, nach so vielen Jahren die Herkunft der Gemälde zu klären. Schwierig ist schon die eindeutige Identifikation. Oft malten die Künstler mehrere Bilder mit ähnlichem Motiv, was dazu führt, dass sich auf den alten Lieferscheinen oder Werksverzeichnissen widersprüchliche Angaben finden. Wer weiß schon, ob es sich hinter dem Titel „Am Meer“ von Ernst Ludwig Kirchner ein eigenständiges Werk handelt oder nicht doch um „Badende am Strand von Fehmarn“, die nur fehlerhaft aufgelistet wurden? Lange Rede, kurzer Sinn. Trotz intensiver Recherchen ist die Provenienz von einigen der untersuchten Werke lückenhaft und nicht zweifelsfrei unbedenklich. Die Erstbesitzerin von Karl Schmidt-Rottluffs „Norwegische Landschaft“ etwa war eine jüdische Zahnärztin, die 1934 vermutlich aufgrund von Repressalien durch das NS-Regime Selbstmord beging. Ob das Bild da noch in ihrem Besitz war, oder ob sie es ihrer Lebensgefährtin geschenkt oder vermacht hatte, ließ sich bisher nicht klären. Für das Museum ergibt sich somit eine Provenienzlücke bis zu dem Jahr 1948, in dem Buchheim das Bild von einem in München ansässigen Schweizer Maler per Kaufvertrag erwarb. „Die Herkunft wird weiter erforscht“, so das Museum. Dies gilt auch für das Selbstbildnis von Max Kaus (1919). Es könnte aus dem Vorbesitz des jüdischen Regisseurs Kurt Gerron stammen, der in Auschwitz ermordet wurde. Einen Persilschein ohne Wenn und Aber gibt es jedoch für das Werk „Tanzender Derwisch“ von Lovis Corinth. Hier ist die Provenienz absolut unbedenklich.
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