Zeit(k)reise: Lästern und lesen
Als Sisi Ferien in Garatshausen machte
„Königlich-kaiserliche Episoden“ referierte Sisi-Kennerin Rosemarie Mann-Stein kürzlich in Schloss Garatshausen. Anlass für den Vortrag war das im Sommer installierte Wand-Unikat an der Uferterrasse, das die fünf historischen Persönlichkeiten zeigt, die mit dem Gebäude eng verbunden sind: Thomas Mann, Gartenarchitekt Lenné, Ludwig II., Kaiserin Elisabeth und Fürstin Gloria.
Das 1550 erbaute Schloss war im 19. Jahrhundert in den Besitz der Wittelsbacher gekommen, die es nur wenige Jahrzehnte später an die Thurn und Taxis weiterverkauften, so dass heute Fürstin Gloria Schlossherrin ist. Während 1951 die Seniorenresidenz eröffnet wurde, wohnt Gloria bei ihren Aufenthalten gleich nebenan im Alten Schloss.
Sisi-Fans wird interessieren, dass die Kaiserin zwei Mal in Garatshausen weilte, sie besuchte den Schlossherrn, ihren Bruder. Das erste Mal kam sie sechs Wochen im Sommer 1868, wenige Monate nach der Geburt ihrer Tochter Marie Valerie. „Die Kaiserin erholt in Ischl nur langsam von der vierten Niederkunft und kränkt sich, dass sie noch nicht reiten darf“, notierte ein Chronist. Die Laune war wohl ziemlich schlecht, denn: „Immer wenn sie so ist, rät ihr Kaiser Franz Josef zum Heimatbesuch.“ So traf sie am 9. August in Garatshausen ein, mit im Gepäck den Auftrag ihrer Familie, eine Aussöhnung mit Ludwig II. herbeizuführen, der ihre Schwester wegen der geplatzten Verlobung so gedemütigt hatte. Überhaupt, der bayerische König und seine Verfassung standen im Mittelpunkt der Gespräche. Denn am 13. August traf auch Franz Josef am Starnberger See ein. Auch er wollte sich ein Bild von Ludwig machen. „Der Kaiser schüttelte nur den Kopf und fragte sich, wo das nur hinführt", so die Chronik.
Ludwig hat den Zappel
Im Jahr darauf kam Sisi erneut nach Garatshausen, sie hatte das Schloss sechs Monate gemietet, brach aber ihren Aufenthalt früher ab. Die Hofchroniken berichten von einer Episode mit einem Gaukler, der eines Tages kommt und seinen dressierten Tanzbären vorführt. Das Tier ist so zahm, dass es sich streicheln lässt. Elisabeth hätte es am liebsten behalten. Was der Bär kostete, wusste sie schon: 700 Gulden.
Auch sonst waren die Ferien schön: „Bin etwas faul und lebe gedankenlos hier, so wie ich es liebe“, schreibt die Kaiserin. Sie verbringt ihre Zeit mit Baden, Lesen oder Spazierengehen mit Marie Valerie. Und mit Lästern: Als Franz Josef nach Ludwig fragt, heißt es in Sisis Brief: „Vom König von Bayern hört und sieht man zum Glück nichts. Er hat den Zappel und ist ständig unterwegs.“
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