Gegen das Vergessen
Gemeinsame Gedenkfeier an die Opfer des Todesmarsches 1945
Das Klappern der Holzpantinen war schon von weitem zu hören. 74 Jahre ist es her, dass sich in den letzten Apriltagen ein Zug von 7.000 erschöpften, halb verhungerten Elendsgestalten durch Starnberg schleppte: es war der berüchtigte Todesmarsch nach der Auflösung des KZ Dachau und seiner Außenlager. Dort waren sie verfolgt und inhaftiert worden, nur weil sie anders dachten und anders glaubten, als es der Nazi-Ideologie entsprach. Über das Würmtal ging der Zug nach Starnberg und Wolfratshausen in Richtung „Alpenfestung“. Schneegestöber herrschte an diesem 26. und 27. April 1945. Nur wenige von den ausgemergelten Häftlingen in ihren dünnen gestreiften Anzügen besaßen eine Decke, die sie sich zum Schutz vor der Kälte überziehen konnten. Vielen ging die Kraft aus, sie brachen erschöpft zusammen oder wurden von der SS erschossen oder erschlagen. Dreitausend waren es, die in diesen allerletzten Kriegstagen noch völlig sinnlos ihr Leben lassen mussten.
Rainer Hange ist es wichtig, dass die Opfer des Todesmarsches nicht vergessen werden. Zusammen mit dem Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ und der Bürgerinitiative „Starnberger Dialog“ organisiert er jährlich eine Gedenkfeier am Mahnmal beim Starnberger Landratsamt. Hange war es auch, der vor sieben Jahren in der Kreisstadt die öffentliche Erinnerung an die Leiden der KZ-Häftlinge auf dem Todesmarsch wieder wachrief. Denn nach der Einweihung der Denkmäler des Bildhauers Hubertus von Pilgrim hatte jahrelang keine Veranstaltung dazu mehr stattgefunden. „Sie wurden nicht mehr beachtet“, bedauerte Hange. Das aber wollte er nicht hinnehmen. Vorbild war ihm der Gedenkmarsch im Würmtal, der seit 1998 kontinuierlich stattfindet. Anlass für Hanges neuen Anlauf war das 100-jährige Jubiläum der Stadterhebung Starnbergs im Jahr 2012. Dazu rief er einen Gedenkzug ins Leben, der auf begeisterte Unterstützung in der Bevölkerung stieß. Politiker, israelische Überlebende, und Bürger aller Generationen wanderten sechs Stunden und über zwölf Kilometer entlang der historischen Route von Petersbrunn bis nach Biberkor. „War’s das jetzt“, fragte sich Hange danach. Und beantwortete die Frage für sich selber, indem er sich entschloss, weiterzumachen. „Wir müssen die Erinnerung wach halten.“ Die Bedeutung der Veranstaltung unterstrichen immer wieder prominente Teilnehmer wie der Holocaust-Überlebende Abba Noar oder Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München.
Treffen am Mahnmal am 28. April
Auch dieses Jahr richtet Rainer Hange wieder eine Gedenkfeier aus: am Sonntag, 28. April, um 15 Uhr beginnt sie mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal vor dem Landratsamt Starnberg. Neben Prof. Dr. Ursula Münch (Direktorin der Politischen Akademie Tutzing) als Ehrengast werden unter anderem Bürgermeisterin Eva John, Vize-Landrat Georg Scheitz, die beiden Stadtpfarrer Dr. Stefan Koch und Dr. Andreas Jall und Schüler des Gymnasiums Starnberg das Rahmenprogramm gestalten. Es singt Nikola David, der Synagogenkantor der jüdischen liberalen Gemeinde Beth Shalom aus München.
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