Visionäres Wunderwerk
Modern String Quartet in der Himmelfahrtskirche
Im Rahmen der Konzerte in der Himmelfahrtskirche (Kidlerstraße 15) findet am Freitag, 30. November 2018 um 20 Uhr ein CD-Präsentations-Konzert mit dem renommierten Modern String Quartet statt. Dabei wird die gerade neu erschienen CD „The Rite of Swing“ vorgestellt, welche vor einem Jahr in der Himmelfahrtskirche aufgenommen wurde. Das Modern String Quartet ist als Crossover-Ensemble bekannt und hat in der Himmelfahrtskirche schon mehrfach konzertiert. Es wirken mit: Joerg Widmoser und Winfried Zrenner, Violine, Andreas Hoericht, Viola, und Thomas Wollenweber, Cello.
Neue Wege geschaffen
Duke Ellington wird gerne als der „African“ Stravinsky charakterisiert, der die Trennlinie zwischen Jazz und klassischer Musik aufgehoben hat. Stravinsky, ein Komponist, der von Ellingtons Musik hoch inspiriert war, und dessen Musik Ellington selbst bewundert hat, benutzte häufig typische Stilmerkmale des Jazz in seiner Musik. Er nahm Jazz sehr ernst und ging gerne dorthin, wo diese Musik zu hören war. Als der ultramoderne russische Komponist in den fünfziger Jahren New York besuchte, begab er sich als allererstes nach Harlem, um Duke Ellingtons großartige Jazz Symphonien im Cotton Club zu hören. „Wenn Musik ein Einfluss nachgewiesen werden kann, der einen beunruhigen soll, dann bin ich sicher, dass man Stravinskys `The Rite of Spring` emotionell viel aufregender finden wird als ein langsames sauberes Arrangement von `Body and Soul` oder sogar eine schnelle Wiedergabe von `Tiger Rag´“, bemerkte Ellington. Stravinsky und Ellington blieben ihrer eigenen musikalischen Vision treu. Beide schufen neue Wege für alle folgenden Komponisten. Sie waren Konstrukteure, die Musik entlehnten, integrierten und neu harmonisierten. Und jeder verließ sich auf einen engen Mitarbeiter - Strayhorn für Ellington, Robert Craft für Stravinsky - um als Komponist zu wirken. Vor allem besaßen beide die Fähigkeit beinahe jedes musikalische Material in einen eigenen unverwechselbaren Stils umzugestalten.
Ablehnung und Einfluss
Besonders während und nach der Bebop Generation zog es die Musiker zu Stravinskys Werken hin. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das provozierende pulsierende „Rite“ direkt von Jazzmusikern interpretiert wurde. Bei Charlie Parker sind mehrere Stellen dokumentiert, wie er Passagen aus „The Rite of Spring“ und anderen Werken von Stravinsky in seinen Improvisationen zitierte. John Coltrane erzählt, dass es ihm als Kind Freude bereitet hat, Stravinsky zu hören, wenngleich das eine ganz andere Musik war wie die, mit der er aufwuchs. Ein hundert Jahre altes Ballett, von einem Russen für ein französisches Publikum komponiert, wurde so etwas wie ein Jazz-Standard. Teile aus „The Rite of Spring“ wurden auf Schallplatte von Musikern wie Ornette Coleman in ihre Kompositionen eingefügt. Sein "Sleep Talk" übernimmt die berühmte Eröffnungsmelodie des Fagotts. 2011 führten „The Bad Plus“ das ganze Werk im Jazztrio auf. „The Rite“ und Jazz generell können als Vettern betrachtet werden. Ungefähr zeitgleich entstanden beide in den 1910er Jahren, stießen zunächst auf Ablehnung, um dann den größten Einfluss auf die musikalische Entwicklung des 20. Jahrhunderts zu nehmen.
Grenzgänge verknüpfen
Das Modern String Quartet fasziniert an diesem visionären Wunderwerk die betörenden Motive, der pulsierende „Groove“, die dunklen, geheimnisvollen Akkorde und grellen, furchterregenden harmonischen Ausbrüche. Mit ihrer Bearbeitung von „The Rite of Spring“ wird der Versuch unternommen, eine Symbiose zwischen Stravinsky und Ellington herzustellen. Als Grenzgänger zwischen Klassik, Neuer Musik und Jazz werden diese Welten wie selbstverständlich miteinander verknüpft und in Stravinskys Werk integriert. So entsteht die Energie und Unmittelbarkeit dieses Opus Magnum auf eine ganz neue Art: The Rite of Swing.
Eintrittskarten sind an der Konzertkasse ab 19.15 Uhr zu 15 Euro (Ermäßigung für Schüler und Studenten 10 Euro) erhältlich. Weiter Info unter: www.himmelfahrtskirche-musik.de im Web.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH