Zwischen Tannenzapfen und Eichhörnchen
Ein (H)Ort im Herzen der Natur

In Bernried gibt es ab September den ersten Waldhort im Landkreis. Dort sollen Kinder in der Natur toben, spielen und lernen können. (Bild: Waldkindergarten Bernried)
Von einem Waldkindergarten hat sicherlich jeder schon einmal gehört. In Bernried soll ein weiteres naturpädagogisches Konzept nun Form annehmen, bei dem Kinder die Natur in all ihrer Vielfalt kennenlernen und genießen können. Vorbild und Unterstützer dieser außergewöhnlichen Ganztagsbetreuung ist der Waldhort Ebersberg sowie der Waldkindergarten "Die Frischlinge". Am Freitag, 10. März, findet ab 20 Uhr im Trachtenvereinsheim Bernried, Am Neuland 16, der erste Informationsabend hierzu statt. Mitarbeiter des Waldhorts Ebersberg werden hier unter anderem von ihren bisherigen Erfahrungen berichten. Wir sprachen bereits zuvor mit Alexander Preuß. Er ist neben Veronika Middeldorff und Christian Leicht ehrenamtlich im Vorstand der Waldkinder Bernried tätig.
Waren Sie als Kind viel draußen?
Alexander Preuß: Bis zu meinem zehnten Lebensjahr habe ich in Berlin in einem Neubaugebiet mit elfgeschossigen Plattenbauten gewohnt. Ich bin froh, dass meine Kinder heute in Bernried aufwachsen können. Wir wohnen direkt am Waldrand und sind so viel wie möglich draußen.
Was fasziniert Sie an der Natur?
Alexander Preuß: Je mehr Zeit ich in der Natur verbringe, desto klarer wird mir das Verhältnis zwischen Natur und dem Menschen. Das macht mich demütig und erleichtert mir einen umweltbewussteren Lebensstil. Wenn Kinder das im spielerischen Kontakt mit der Natur erfahren, wird das vielleicht auch ihr Umweltbewusstsein prägen. Das wünsche ich mir.
Finden Sie, dass Kinder heutzutage zu wenig Zeit in der Natur verbringen?
Alexander Preuß: Die Tendenz geht klar in diese Richtung. Auch dadurch bedingt, dass berufstätige Eltern immer mehr auf eine Nachmittagsbetreuung ihrer Kinder angewiesen sind. Der herkömmliche Weg ist, die Kinder nach der Schule weiter in Räumen zu betreuen. Kinder gehören aber nach draußen - im Waldhort ist das ab Herbst möglich.
Was macht den Waldhort so eineinzigartig?
Alexander Preuß: Die Schulkinder sind zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter in der Natur und vestehen sich als Teil von ihr. Sie können toben, klettern, rennen oder auch einfach ausruhen - Spielzeuge und elektronische Medien brauchen sie nicht.
Wie Sieht die Unterbringung und Betreuung bei schlechtem Wetter oder im Winter aus?
Alexander Preuß: Für das Mitagessen und die Erledigung der Hausaufgaben stehen zwei beheizbare Bauwagen zur Verfügung. Wenn es zu ungemütlich wird, können die Kinder sich hier auch aufwärmen und basteln oder lesen. In der Regel wollen die Kinder aber draußen sein. Mit guter Kleidung macht es richtig Spaß im Regen zu "matschen". Und im Winter wird zum Beispiel viel gerodelt.
Können auch Kinder mit körperlichen Einschränkungen das Angebot wahrnehmen?
Alexander Preuß: Der Waldhort wird eine sogenannte integrative Einrichtung sein mit mindestens einem Platz für ein Kind mit besonderem Förderbedarf. In Abstimmung mit dessen Eltern und einer heilpädagogischen Fachkraft versuchen wir, den Bedürfnissen dieses Kindes gerecht zu werden. Die letzten zehn Jahre in unserem Waldkindergarten haben gezeigt, dass vom Konzept der Inklusion alle Kinder profitieren.
Welche Aktivitäten gibt es im Waldhort?
Alexander Preuß: Nach dem Mitagessen und den Hausaufgaben liegt der Schwerpunkt auf dem freien Spielen. Zusätzlich gibt es aber auch naturpädagogische Angebote. Freitags gibt es keine Hausaufgaben: Zeit für Ausflüge, zum Beispiel auf den Bauernhof, zur Werft am See oder in das Buchheim Museum.
Ist der Waldhort auch für Stubenhocker geeignet?
Alexander Preuß: Ach was, die gibt es doch gar nicht! Die Gesellschaft und der technische Fortschritt machen uns erst dazu. Vermeintliche Stubenhocker sind im Waldhort herzlich willkommen. Im Kontakt mit der Natur werden sie ihre vier Wände nicht lange vermissen. In diesem Sinne: genug geredet - und jetzt ab nach draußen!
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