„Insekten sterben aus - und wir?“
Info-Veranstaltung der ÖDP zum Thema gut besucht
Der Begriff des „Artensterbens“ ist inzwischen weit verbreitet. Dazu beigetragen hat die Krefeld-Studie die nachweist, wie drastisch der Rückgang der Fluginsekten in Deutschland ist: in den vergangenen 27 Jahren nahm deren Gesamtmasse um mehr als 75 Prozent ab. Doch was haben die Menschen damit zu tun?
Dr. Andreas Segerer ist ein renommierter Insektenforscher und der Schmetterlingsexperte an der Zoologischen Staatssammlung in München. Auf Einladung der ÖDP-Kreisverbände Weilheim-Schongau und Garmisch-Partenkirchen sprach er im Gemeindesaal der Weilheimer Apostelkirche vor über 50 Zuhörern über die Zusammenhänge des Insektensterbens und dem Einfluss durch und auf die Menschen.
Es fehlt der genetische Austausch
Dass die Insektenmengen rückläufig sind, ist schon seit dem 18./ 19. Jahrhundert bekannt - seit der Industrie- und Agrarrevolution. Hauptursachen dafür sind die industrielle Ladwirtschaft und die Verinselung von Lebensräumen. Die flächendeckende Stickstoffüberdüngung, ausgelöst durch die Landwirtschaft, Industrie und Verkehr hinterlässt ihre Spuren auch in der Luft. Der hohe Stickstoff-Anteil wird ein Problem für Magerwiesen, mit hohen Blühpflanzenanteilen. Diese verschwinden weitgehend und damit auch ein Lebensraum für Insekten aller Art. Die Versiegelung von Naturflächen, in Bayern immerhin 13 Hektar pro Tag, führt dazu, dass einzelne Naturschutzgebiete „verinseln“. Die Folge: es fehlt dort der genetische Austausch, Inzuchtphänomene treten auf.
"Irgendwann bricht das Ökosystem zusammen"
Wie sind die Auswirkungen dieser Entwicklungen? Die Bestäubungsleistung durch Fluginsekten wird sich weiter reduzieren, was sich direkt wieder negativ auf die Artenvielfalt der Pflanzen auswirkt. Auch die Anzahl der Vögel ist rückläufig, da ihnen das Nahrungsangebot fehlt. Dr. Segerer warnt daher: „Irgendwann bricht dadurch das Ökosystem zusammen. Da die Zusammenhänge des Ökosystems so komplex sind, kann niemand mit Gewissheit sagen, wann es soweit ist“.
Kann die Politik helfen? Laut Segerer ist die Politik ein Teil des Problems, denn sie gibt der Ökonomie Vorrang vor der Ökologie. Segerer: „Es ist zwingend notwendig, einen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft herbeizuführen. Wir brauchen ein globales zusammenhängendes Denken und lokales Handeln“.
Jeder kann seinen Beitrag leisten
Jeder einzelne kann seinen Beitrag leisten, um "Bienen, Hummeln und Co" das Überleben zu erleichtern. Im eigenen Garten Wildwuchs zuzulassen, oder auf dem Balkon bienenfreundliche Blühpflanzen auszubringen ist ein Beitrag zum Artenschutz. Denn eine Vielzahl an Hausgärten können dadurch zu „Trittsteinen“ beim Artenaustausch werden. "Jeder kann persönlich sein Konsumverhalten überdenken. Durch bewussten Einkauf können Ressourcen vermieden und der Ökolandbau gefördert werden", so Segerer.
Eigentlich hätte an diesem Abend auch der Münchner Psychotherapeut Dr. Andreas Meißner darüber sprechen sollen, wie es gelingen kann, trotz all der negativen Aussichten nicht den Mut zu verlieren. Er war jedoch krankheitsbedingt verhindert. Die Moderatorin des Abends, ÖDP-Landtagskandidatin Dr. Maiken Winter, brachte noch einige Aspekte aus Sicht Dr. Meißners ein.
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