Ein bisschen mehr als einfach Watten
Peißenberger Club spielt mit über 600 Menschen Karten
Beim Kartenspielen denkt man oftmals an eine kleine, gemütliche Runde, in der Herren oder Damen bei einer Maß Bier oder einem Gläschen Wein an blankpolierten Eichentischen sitzen. Doch dass dies auch ganz anders gehen kann, beweist das Team vom Forster Belli Club aus Peißenberg. Jedes Jahr organisieren die Vorstände, allen voran Gabriel Bertl, das große Preiswatten in Parterzell. Letzteres ist mittlerweile über die Oberlandgrenzen hinaus bekannt geworden, sodass ganze Reisebusse an den "Ort des Wattens" pilgern.
Von Schorsch und Max
Gabriel Bertl ist Kartenspieler aus Leidenschaft. "Bereits seit meinem zehnten Lebensjahr spiele ich leidentschaftlich Karten", so der Vorstand des Forster Belli Clubs. Er habe mit Schafkopfen angefangen und sei dann auch schnell auf den Geschmack gekommen und habe auch angefangen, zu watten. Dieses Kartenspiel ist hauptsächlich in Bayern, Österreich, der Schweiz und Tirol verbreitet. Dabei gibt es drei stichwertig höchste Karten, die auch als "die drei Kritischen" bezeichnet werden. Wobei es hier regionale Unterschiede gibt und man diese Karten auch als "Kritten", "Griechische" oder "Griechen" bezeichnet. Zu den höchsten Karten zählen die Schellen sieben, die Eichel sieben und der Herz-König. Sie wird auch gerne mal als "Max" nach König Maximilian I. bezeichnet oder auch nicht ganz so edel als "Erdbeer-Schorsch".
Von Anfang an
Der Forster Belli Club wurde im Jahre 1969 gegründet. "Wir haben uns eigentlich zusammengeschlossen, damit einmal in der Woche an einem festen Tag einfach Karten gespielt wird", berichtet Bertl über den Grundgedanken des Clubs. "Dass das mal so ein Erfolg wird, hätten wir uns auch nicht gedacht", schmunzelt er weiter.
Bereits seit 1984 ist der Plan aufgegangen: Der Club trifft sich seit jeher einmal in der Woche im Gasthaus Eibenwald in Paterzell. "Angefangen haben wir mit ein paar Tischchen, dann waren es schnell 24 und irgendwann war das Wirtshaus so voll, dass die Spieler keinen Platz mehr fanden", blickt der Vorstand zurück. Doch das Wirtshaus hätte damals einfach ein paar Bierbänke in die Gänge gestellt, sodass die Wattspieler ihre Runden wenigstens sitzend spielen konnten.
Und so ging es die Jahre auch weiter: Jedes Jahr kamen immer mehr und mehr Spieler. Dieses Jahr am Gründonnerstag erreichte dann das große Preiswatten einen erneuten Höhepunkt: 616 Teilnehmer spielten an 154 Tischen im Eibenwald! "Das war schon wirklich der Wahnsinn", freut sich Gabriel Bertl.
Ganz unschuldig sei er aber an der Besucherzahl auch nicht: "Ich habe irgendwann angefangen, Plakate zu machen und die dann im Landkreis zu verteilen", erzählt er weiter. So kam es, dass nach und nach immer mehr Spielbegeisterte auf das Preiswatten in Parterzell aufmerksam wurden. "Irgendwann hat man dann Kontakte mit anderen Spielern geknüpft und so werden die Plakate nun auch über den Landkreis hinaus verteilt und aufgehängt", freut er sich. So pilgern Menschen aus Erding, Dorfen, Regensbrug, Ingolstadt oder Augsburg nach Parterzell, um dort zu watten. "Manche schließen sich zusammen, sodass hier schon ganze Reisebusse vorgefahren sind", berichtet er weiter.
Herzensangelegenheit
Doch wie kommt es, dass Jung und Alt, Regensburger, Augsburger, Peißenberger - ja ganze Regionen vom Watten so begeistert sind? Laut Gabriel Bertl liege beim Watten der Reiz nicht in den Sach- und Fleischpreisen. "Beim Watten muss man sich konzentrieren, taktisches Geschick und auch Teamgeist beweisen, da es ja ein Partnerspiel ist", weiss der Wattexperte. Dass dies nicht nur für "alte Watthasen" sei, hätten ihm zwei junge Damen bei einem Turnier in Wessobrunn gezeigt: "Die haben sich so festgebissen, dass ich und mein Partner ganz schön ins schwitzen gekommen sind", schmunzelt er. Letztendlich hätten aber Bertl und sein Kumpane das bessere Blatt gehabt und die Partie gewonnen.
Um die Wurst geht es wieder am nächsten Gründonnerstag, 18. April 2019. Dann findet das 36. Preiswatten in Paterzell statt. Wie bei allen Watt-Turnieren geht es hier übrigens nur um die Wurst und nicht ums Geld.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH