Zeit(k)reise
Josef Jägerhuber: Starnberger Wetterexperte und Urgestein
Josef Jägerhuber, Jahrgang 1926, ist ein Starnberger Original. Schlohweiße Haare, sorgfältig zurückgekämmt, und ein immer noch ansehnlicher Schnauzbart. Täglich geht er hinaus auf seinen Balkon, von wo aus man eine herrliche Sicht auf den See hat, bei Föhn kann man bis Seeshaupt und bis zur Benediktenwand blicken. Bedachtsam setzt er einen Fuß vor den anderen, ein Stock gibt Hilfe. Seit er bei einem Sturz das Knie verletzt hat, wollen die Beine nicht mehr so recht. Trotzdem geht er noch treppauf, treppab. In ganz Deutschland weiß man, dass er als Wetterbeobachter akribisch den Niederschlag und die Temperatur misst, um sie in den Kalender einzutragen.
Einfach ein Hobby
Seit 1960 macht er das. „Es ist ein Hobby von mir“, ist die schlichte Antwort auf die Frage, warum er das anfing. Zu tun gibt es auch sonst genug. Immer wieder rufen Journalisten an, die wissen wollen, wie der Sommer wird. Mit seinen 91 Jahren kocht Jägerhuber immer noch selbst, schaut gern politische Diskussionen im Fernsehen an, liest jeden Tag die Zeitung. Und er korrigiert die Amtsblätter. Als Druckereibesitzer und gelernter Schriftsetzer entdeckt er immer noch jeden Fehlerteufel, auch wenn er auf einem Auge nicht mehr sehen kann.
Er blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Als ganz junger Soldat überlebte er mit einem Lungensteckschuss die Ostfront, kam nach kurzer Kriegsgefangenschaft nach Hause. Keine Zeit für Erholung, am nächsten Tag schon ging es in der Druckerei weiter: Entlassungspapiere, Lebensmittelscheine für das halbe Oberland. Nach dem frühen Tod des Vaters 1947 führte er die Druckerei alleine, gab den drei Mal wöchentlich erscheinenden „Land- und Seeboten“ heraus, der bis 1990 erschien, mit Lizenz Nr. 25.
Gute Gene
Gute Gene – ja, die hat Jägerhuber: „Meine Mutter wurde 98 Jahre alt.“ Vielleicht ist aber auch die gesunde Lebensweise Grund für sein hohes Alter. Jägerhuber berichtet, dass ihm schon vor Jahren die Galle herausoperiert wurde. „Der Arzt sagte, dass ich nichts Eiskaltes mehr trinken und nicht mehr fett essen darf“, erzählt er schmunzelnd. „Das habe ich brav befolgt.“
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