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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
„Wuisln huifd need“
Lyriker Anton G. Leitner wird 60 Jahre
Normalerweise wird ein Geburtstagkind von Familie und Freunden mit Büchern beschenkt, wenn es sich bei dem Jubilar jedoch um einen Autor wie den Weßlinger Anton G. Leitner handelt, dann ist es fast schon logisch, dass sich das Geburtstagskind sein Buch gleich selbst schreibt. Zum 60. Geburtstag des Poeten kam im Münchner Volk-Verlag der Gedichtband „Wadlbeissn“ heraus. Die 67 zweisprachigen Gedichte sind auf bayerisch und hochdeutsch. Da heißt es dann wahlweise „Junge, du schaffst das schon“ oder „Des wead scho, Bua“.
Ursprünglich sollte es außerdem eine Werkschau des Bezirks Oberbayern zu seinem 60. geben, berichtete Leitner, doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Die Werkschau gibt es jetzt eben – neben dem neuen Buch – als Broschüre in Druckform unter dem Titel „Anton G. Leitner – ein Leben für die Poesie“. Neben Kostproben seiner Lyrik, einer Präsentation seiner Bücher und Rezensionen ist das Bändchen mit Fotos vom kleinen Anton mit Schultüte bis zum heutigen 60-Jährigen abgerundet.
Die ersten Gedichte hat Leitner als Teenager geschrieben. Auch nach der Sturm-und-Drang-Zeit ist er bei der Poesie geblieben und kann mittlerweile auf eine über 40-jährige hauptberufliche Laufbahn im Dienst der Poesie zurückblicken. 14 Lyrikbände, eine Erzählung und 40 Anthologien als Herausgeber hat er veröffentlicht. Während der Pandemie munterte er seine Fans im Internet mit „Lockdown-Lyrik“ auf. Er ist Verleger, gibt die Zeitschrift „das Gedicht“ heraus, ist Mitglied der Münchner Turmschreiber, gibt Lyrikseminare, das Online-Forum dasgedichtblog.de und hat den Gedicht-Wettbewerb „Hochstadter Stier“ (heute: Lyrikstier) ins Leben gerufen.
Poetischer Wadlbeißer
In dem 200 Seiten starken Band „Wadlbeissn“ finden sich „zupackende Verse“. Mal erotische Gedichte, mal satirisch aufgespießte Zeitgeschichte. „Gerade in einer Zeit, in der Geld vielen Menschen alles bedeutet, ist das Verfassen und Verbreiten von Poesie die vielleicht elementarste Form des friedlichen Protests gegen die totale Ökonomisierung unserer menschlichen Existenz“, sagt Anton G. Leitner.
Die Gedichte sollten übrigens unbedingt in beiden Versionen gelesen werden. Erst dann kommt der Wortwitz so richtig zum Tragen, das Subtile, Freche und Unerwartete. Heimattümelnd ist Leitners Poesie nie, eher das Gegenteil. Der „Wadlbeißer“ hält der Gesellschaft den Spiegel vor. Situationskomik und Sozialkritik kommen in seiner lautmalerischen Poesie perfekt rüber, so dass die Literaturkritiker vom „Gipfel der subversiven Mundartdichtung“ schwärmen. Dann wird aus „Me too“ „I aa“, aus „wuisln huifd need“ ein „jammern hilft nicht“ und aus einem gespreizt klingendem „Nicht alles, was ist, ist auch wirklich so, wie du meinst“ wird ein hemdsärmeliges „Need oiss, wos is, is aa so, wiasd moansd, dass ist“.
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