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Unvergessene Conny Meissen

Erich Rüba erinnert an eine "Bilderbuchavantgardistin"

Das Foto wurde vor 1920 aufgenommen. Es zeigt Conny Meissen bei der Gartenlaube der Familie Paul in Weßling. Der Weg außerhalb des Zauns ist die heutige Schulstraße. (Bild: Familienarchiv Weigel)

Die Künstlerin und Kinderbuchillustratorin Conny Meissen (1887-1955) ist wenigen ein Begriff. Ihr künstlerischer Nachlass ist überschaubar, ihr Grab in Köln wurde längst aufgelassen. Trotzdem soll sie nicht vergessen werden. Dafür sorgt der Sammler und Leiter der Gemeindegalerie, Erich Rüba, mit seinem Buch „Conny Meissen – eine Weßlinger Künstlerin und die weite Welt einer Bilderbuchavantgardistin“. Akribisch hat Rüba in Archiven, Bibliotheken und in Privatsammlungen geforscht, Dokumente, Briefe und andere Belege ausgewertet.

1986 hat Rüba zum ersten Mal von Conny Meissen im Heimatbuch von Hans Porkert gelesen. Später hat er auf einem Flohmarkt in Berlin eine Mappe mit Holzschnitten von Conny Meissen entdeckt. „Sie beherrscht die einzelnen Schritte zur Bearbeitung des Druckstocks meisterlich“, schwärmt Rüba. 1990 lernte er in Köln die Tochter der Malerin kennen. Seitdem ist Rüba auf der Suche nach Spuren von Conny Meissen. Lückenlos konnte er ihr Leben nicht rekonstruieren, so hat Conny Meissen ihre Arbeiten nicht datiert und aus einigen Jahren fehlen Nachweise, aber was Rüba zusammen getragen hat, reicht, um einen guten Einblick in dieses reiche Künstlerleben zu bekommen.

"Es war einmal ein Männchen..."

Vor allem die Jahre 1913 bis 1922 sind interessant. Da hatte sich die Künstlerin eine Wohnung in Weßling gemietet. Heute ist in dem Haus das Antiquariat Appel untergebracht. Konstanze Agnes Meissen verbrachte ihre Kindheit in Honnef und zog 1911 nach München, um Kunst zu studieren. Allerdings nicht an der Akademie der Bildenden Künste, denn bis 1920 wurden Frauen dort nicht aufgenommen. In München lernt sie ihren späteren Ehemann, den Kunststudenten Will Haas, kennen, aber auch den Weßlinger Kunstmaler Heinrich Brüne (1869-1945). Er ist es auch, der sie nach Weßling bringt. Damals ist Weßling ein kleines Bauerndorf. Sommerfrischler entdecken den idyllischen Ort, seit die Bahnstrecke 1903 zwischen Pasing und Herrsching verkehrt. Das Aterlierhaus der Brünes in Oberpfaffenhofen ist ein beliebter Künstlertreff.

In Weßling entwirft die Künstlerin ihr erstes Kinderbuch: „Das Männchen“. Später kommt der zweite Band „Das Männchen kommt zum Zauberer“ heraus. Die Geschichte beginnt mit den Worten: „Es war einmal ein Männchen, das kroch in alle Kännchen. Das kroch in jedes Tintenfass und wurde schwarz und wurde nass.“ Die Zeit in Weßling wird vom Ersten Weltkrieg überschattet. Will Haas wird einberufen und sieht seine Frau – abgesehen von wenigen Besuchen – erst nach dem Krieg wieder. Rüba hat Fotos der jungen Familie, zu der auch Tochter Karin gehört, abgedruckt. Auf denen ist eine hübsche junge Frau mit dunklen hochgesteckten Haaren zu erkennen. Doch die Ehe scheitert.

"In die weite Welt"

Conny Meissens Spuren finden sich später in Oberammergau, wo sie in einem Schnitzereibetrieb Holzfiguren lasiert. Sie geht zu Studienzwecken nach Rom, malt Tengelmann-Werbung, schreibt ein weiteres Kinderbuch: „In die weite Welt“. 1937 reist Conny Meissen nach Mexiko. Ihre Eindrücke hat sie im Kinderbuch „Thomas schreibt aus Mexiko“ verarbeitet. Ausgestattet mit einem Jahresvisum fährt Meissen 1939 abermals nach Mexiko. Der zweite Weltkrieg verhindert eine Rückkehr. In Mexiko verdient sie sich Geld mit kunsthandwerklichen Produkten. Begehrt sind ihre mit getrockneten Gräsern und Blüten gestalteten Lampenschirme. Ihre Bilder und Zeichnungen spiegeln den Alltag der Menschen wider. Eine Galerie lobt: „Sie interpretiert dies nahezu psychologisch, ohne wissenschaftliche Ansprüche, aber mit einem klaren ästhetischen Sinn.“

Gerne hätte sie sich intensiver der Malerei gewidmet, an die Tochter schreibt sie: „Leider kann ich hier nicht nur von meiner Malerei leben, ich mache vielerlei kunstgewerbliche Dinge. Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf, noch einmal allein das arbeiten zu können, was mein Eigenstes ist: zeichnen und malen. Nach 15 Jahren kehrt Conny Meissen schwerkrank zurück zu ihrer Familie. Wenige Monate später stirbt sie.

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