Unbequemes sichtbar machen
Lia Fischers Gemälde ergänzen die Luftkrieg-Ausstellung

"Manche sind einzigartig": Lia Fischer macht auf Missstände aufmerksam. (Bild: pst)
„Europa deine Toten – wir schauen ihnen beim Ertrinken zu“ oder „Unsere Großeltern mussten ihre Rolle im Krieg erklären – unseren Kindern müssen wir unsere Schuld erklären“. Die Buchstaben, die Lia Fischer mit Schablonen und Acrylfarbe auf Leinwand oder auf Birkenholz aufgetragen hat, regen zum Nachdenken an. Sie habe direkt eine Gänsehaut bekommen, als sie die quadratischen Kunstwerke das erste Mal gesehen hatte, berichtete Annette Reindel, Leiterin des Gilchinger Museums „Schichtwerk“. Deswegen habe sie die Bilder mit in die Sonderausstellung „Luftkrieg im Sommer 1944: Schauplatz Gilching“ aufgenommen. Darin berichten Zeitzeugen von Bombenangriffen und den Kriegsereignissen in Gilching. Außerdem gibt es Aufzeichnungen, Modelle und Fundstücke vom Absturz eines amerikanischen Bombers auf dem Ölberg, bei dem vier Besatzungsmitglieder starben. „Die beiden Ausstellungen ergänzen sich perfekt und spannen einen Bogen vom Zweiten Weltkrieg zur Jetztzeit“, so Reindel.
„Haltung zeigen“ hat Lia Fischer ihre Ausstellung genannt. „Mit meiner Kunst möchte ich Haltung zeigen, Unbequemes sichtbar machen, immer wieder daran erinnern, nicht locker zu lassen“, erklärt sie. Fassungslos sei sie, wenn sie sehe wie gleichgültig die Menschen den hausgemachten Katastrophen auf der Welt begegnen. „Wir wissen jeden Tag, was wir zerstören durch unseren Konsum, durch unser Schweigen und machen weiter, auf Kosten der nächsten Generation“, kritisiert sie.
"Es gibt keine Alternative"
Die 1985 geborene Künstlerin hat sich nach einer Regieassistenz und einer Fortbildung im Literarischen Schreiben vor 13 Jahren selbstständig gemacht. Als Kunsttherapeutin betreute sie Jugendliche, gab Malkurse und unterrichtete Kreatives Schreiben. „Neben der sozialen Arbeit ist die freie Kunst ein wichtiger Teil meines Lebens“, erklärte sie. Sie sei ein „Koffermensch“ und nach 33 Umzügen mit ihren beiden Kindern vor zwei Jahren in Gilching gelandet, lebt sehr bewusst, um die Welt „möglichst wenig zu zerstören“, vermeidet Plastik, isst vegan, kauft Second Hand und fliegt nicht. „Es gibt für mich keine Alternative“, betont sie und appelliert an die Menschen: „Wir können alle die Welt verändern.“ Mit ihrer Kunst möchte sie berühren. „Nur so kann sich etwas ändern“, ist sie sicher.
Im Museum gibt es auch den Film über die Videoinstallation zu sehen, die während der Kulturwoche gezeigt wurde. Lia Fischer hat den Film gemeinsam mit Andreas Wening produziert und Worte und Themen zu seinen Bildern geliefert. Als Leinwand diente die Hausfassade des Wersonhauses. Anfangs taucht man in einen lichten grünen Wald ein. Es erscheinen die Buchstaben „Deine Welt“ und gaukelten eine scheinbare Harmonie vor, denn schnell ändert sich die Szenerie. Bilder von überfüllten Straßen, von Stacheldrahtzäunen und Menschenmassen werden mit plakativen Worten und Zahlen, die auf das Elend von Flüchtenden hinweisen, ergänzt. Am Schluss drehen sich orangerote Schwimmwesten kaleidoskopartig im blauen Wassesr. „Ich hatte das dringende Bedürfnis den Menschen hier in Bayern zu zeigen, was außerhalb ihrer Gemütlichkeit passiert“, sagt Lia Fischer zu dem Kurzfilm über Grenzpolitik und Klimakrise.
Der Film soll bei der Finissage im März wieder auf die Hauswand projiziert werden. Außerdem plant Fischer ihn auf Youtube zu stellen. Die Luftkrieg-Ausstellung und die politischen Bilder von Lia Fischer können bis zum 20. März 2022 betrachtet werden. Das Museum in der Brucker Straße 11 ist sonntags von 14 bis 17 Uhr und dienstags von 10 bis 12 Uhr geöffnet.
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