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Traurige Berühmtheit

Die Max-Villa in Ammerland

Ein aktuelles Bild der Max-Villa in Ammerland. (Bild: Hauck)

Die Max-Villa hat es zu trauriger Berühmtheit gebracht. Ihr Verfall und das Hickhack um einen Abriss waren selbst dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vor zwei Jahren einen Artikel wert. Dank entsprechender Literatur ist sie gar zum Wallfahrtsort für Gruseltouristen geworden. Nun ist das denkmalgeschützte Gebäude wieder mal in den Schlagzeilen.

In ihrem kürzlich erschienen Buch „Sehnsucht Starnberger See“ stellt die Kulturjournalistin Katja Sebald 44 historische Villen und ihre Geschichte vor. Das Kapitel über die Max-Villa in Ammerland brachte der Autorin und ihrem Verlag reichlich Scherereien ein. Eine streitbare Miteigentümerin störte sich an einigen Formulierungen und zog vor Gericht. Zusammengefasst ging es um die Berufsbezeichnung „Münchner Immobilienmaklerin“, eine Beschreibung des Erscheinungsbilds und um den Schluss, dass das Haus unter Missachtung des Denkmalschutzes am Verfallen ist. Wer das Original kennt, wundert sich schon, was die Sprengkraft an den paar Sätzen sein soll.

Es steht leer

Jeder Spaziergänger in der Südlichen Seestraße kann sich selbst ein Bild vom schlechten Zustand des Hauses machen, denn noch ist die davorstehende - übrigens akkurat getrimmte - Hecke nicht hoch genug, um die fehlende Brüstung auf dem Balkon zu verbergen, die abblätternde weiße Farbe der Holzfassade, das Unkraut, das überall sprießt. Es ist das Sommerhaus des Malers Gabriel Max, der um die Jahrhundertwende mit seiner Familie hier lebte. Die Gesellschaft riss sich um die Bilder des gefragten Künstlers mit dem Hang zur Exzentrik. Max malte Affen, sammelte Mumien und fand wie viele seiner Zeitgenossen Gefallen an spiritistischen Seancen.

Der Ärger und die Auseinandersetzungen begannen Mitte der 1990er Jahre mit dem Verkauf des Grundstücks an einer der begehrtesten Lagen am See. Seitdem steht das historische Künstlerhaus leer. Mehrmals stellte die Eigentümerin einen Abrissantrag. Ihn lehnte das Tölzer Landratsamt mit Verweis auf den Denkmalschutz und die wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Sanierung ab. Aber passiert ist seitdem – nichts. Wie kann das sein, frage sich viele. Wenn das so weitergeht, wird irgendwann der Zahn der Zeit das Ganze erledigt haben und das Haus unrettbar verloren sein. Solche Gedankenspiele wundern weder die Interessensgruppen, die immer noch für den Erhalt kämpfen noch die Nachbarn, die ihren Unmut über den Zustand mit Spruchfahnen demonstrieren.

"Lost Place" Literatur

Währenddessen wird der erbarmungswürdige Zustand der einst so schönen Villa munter ausgeschlachtet und Schaulustige mit der Vermarktung als „Gruselort“ bedient. So genannte „Lost Places“ sind seit einiger Zeit groß in Mode bei allen, „die nervenaufreibende Abenteuer“ suchen. So jedenfalls lautet die Werbung für das Buch „Lost und Dark Places Oberbayern“, Untertitel „33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte“. Für die Autorinnen ist die Max-Villa das „perfekte Set für einen Horrorfilm“. Übrigens haben es auch die verlassene Wiedemann-Klinik in Ambach und Königs Ludwigs Sterbeort in Berg in die Liste geschafft.

"Geisterhaus"?

Das bereits davor erschienene „Buch der unheimlichen Orte in Bayern“ schlägt in die selbe Kerbe. Hier wird die Max-Villa kurzerhand zum plakativen „Geisterhaus am Starnberger See“. Und Autor Fritz Fenzl erzählte der Münchner Abendzeitung von den schlechten Energien des Hauses und dass die Anwohner den Platz meiden würden, vor allem in der Dämmerung. Solche Gerüchte hat das Gebäude nun wirklich nicht verdient. Als ob das Gebäude als verlassene Ruine irgendwo im Wald stehen würde. Dabei befindet es sich inmitten der idyllischen kleinen Siedlung Ammerland. Hunderte von Leuten wandern und radeln an Sommerwochenenden auf der Uferstraße vorbei. Einfach schade, dass es mit der 150 Jahre alten Villa so gekommen ist.

Kleine Änderungen

Und wie ging nun der Prozess um das Kulturbuch von Katja Sebald aus? Es darf auf dem Markt bleiben, urteilte das Gericht, das sich auf die verbalen Spitzfindigkeiten eingelassen hat. Wohlwollender soll die Beschreibung ausfallen, war das Fazit des Gerichtsreporters der Süddeutschen Zeitung. „Einige Teilsätze müssen geändert werden“, so der Münchner Allitera Verlag. Dem kommt die zweite Auflage nach. Die erste Auflage muss mit einem Aufkleber kenntlich gemacht werden. Viel Arbeit hat der Verlag damit übrigens nicht. Es ist nämlich schon das meiste verkauft.

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