5-Seend Wochenanzeiger Wir sind Ihr Wochenblatt für das Fünfseenland

"Täter, Macht, Schuld, Heimat"

Mahnmal für Opfer von Krieg und Verfolgung

Bei der Einweihung (von links): Siegfried Reindel, Melander Holzapfel, Philipp Drexler, Heinrich Rülling, Reinhard Frank, Annette Reindel, Pastoralassistentin Monika Amlinger. (Bild: Matthias Vilsmayer)

Zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Verfolgung gibt es jetzt in Gilching ein neues Denk- beziehungsweise Mahnmal. Die Idee dazu kam von Annette Reindel, Vorsitzende des Vereins Zeitreise. „Mit unserer Sonderausstellung im Museum Schichtwerk zum Luftkrieg über Gilching und zum Absturz des amerikanischen B-24-Bombers haben wir mit Fakten und Augenzeugenberichten aufgezeigt, was Krieg alles bedeuten kann und mit uns auch heute noch macht“, erklärte Reindel bei der feierlichen Enthüllung des Denkmals. Es steht zirca einen Kilometer vom Friedhof im Altdorf entfernt am Feld, in dem der Bomber vor ziemlich genau 76 Jahren am 19. Juli 1944, um 11.57 Uhr, brennend abgestürzt war. Vier Menschen starben, sieben konnten sich per Fallschirm retten. Bei dem Denkmal handelt es sich um eine Stele. Dafür wurde ein Balken verwendet, der aus dem Dachstuhl des vor zwei Jahren abgerissenen alten Rathauses stammt. Das Holz wurde mit Bedacht gewählt. Das Rathausgebäude wurde 1938 als Hitler-Jugendheim errichtet und 1945 von den Amerikanern beschlagnahmt und in der Nachkriegszeit als Offizierscasino und Tanzlokal betrieben. 1952 wurde das Gebäude an die Gemeinde Gilching zurückgegeben und bis 2016 als Verwaltungsgebäude genutzt.

Balken vom alten Rathaus

„Wir denken, dass dieser Balken, der so vieles gesehen und gehört hat, sich symbolisch bestens eignet, um dieses Denkmal zu tragen“, sagte Reindel. Design, Konstruktion und Umsetzung lagen in den Händen von Melander Holzapfel, Phillip Drexler und Siegfried Reindel. Besonders bedankte sich Annette Reindel bei Reinhard Frank. „Herr Frank hat den Absturz so detailliert recherchiert, dass die Zeitreise um dieses Thema herum die Sonderausstellung konzipieren konnte“.

Das Mahnmal besteht aus vier beweglichen Elementen. Auf dem Holz stehen vier Wortpaare, die stellvertretend für die nicht immer fassbare Sicht auf das Kriegsgeschehen oder die Verfolgung stehen. „Je nachdem, wer betroffen ist, kann sich die Sichtweise ändern. Deswegen sind die einzelnen Teile des Balkens beweglich“, erklärte Reindel. „Täter“, „Macht“, „Schuld“ oder „Heimat“ liest man beispielsweise. Dabei könnten sich die Passanten Fragen stellen wie „wer ist Täter – wer ist Opfer?“, „wer hat die Macht, wer ist ohnmächtig?“, „wo liegt die Schuld – wer sühnt?“ und „was ist Heimat – was oder wo ist das oder die Fremde?“. Mit dem Aufstellen des Denkmals sollte eigentlich das Ende der Ausstellung im Ortsmuseum markiert werden. Wegen Corona war es aber monatelang geschlossen.

Die Ausstellung soll deswegen nach der Sommerpause ab Herbst wieder bis März 2021 besichtigt werden können. „Sie soll nicht nur erinnern, sondern auch aufrütteln, betroffen machen und mahnen“, erklärte Reindel. Sie zitierte einige der Aussagen, die Museumsbesucher auf einer „Mitmachtafel“ hinterlassen hatten. Da hieß es beispielsweise „den Anfängen wehren! Keinen Bauernfängern auf den Leim gehen“, oder „nach dem Krieg hätte ich eine psychologische Betreuung gebraucht“. In der Ausstellung befinden sich übrigens Zeitzeugenberichte von Gilchingern über die Kriegzeit: „Menschen, die von den Schrecken berichten können, die sie ein Leben lang geprägt haben oder noch immer verfolgen“, so Reindel.

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt