Singen für Europa
Kundgebung für die Wahl am 26. Mai
„Freude schöner Götterfunken, Tochter aus Elysium, wir betreten feuertrunken, Himmlische, dein Heiligtum“ klang es aus rund 100 Kehlen. Um ein Zeichen für Europa zu setzen, hatte der Verein „Unser Dorf“ zu einer Pro-Europa-Kundgebung eingeladen. Neben dem Weßlinger Maibaum hatten die Verantwortlichen die Europafahne in einen Baum gehängt. Davor hatten sich die Europabefürworter aus der Gemeinde aufgestellt, um - begleitet von der Weßlinger Blasmusik - die Europahymne zu singen. Vorher waren Notenblätter ausgeteilt worden, denn die Hymne sei für die meisten recht unbekannt und den Text von Friedrich Schiller kenne wohl keiner auswendig, vermutete Initiator Horst-Günter Heuck. „Wer hat sie schon einmal gesungen?“, fragte er, doch nur wenige Hände hoben sich. Die Musik ist ein Klassiker. Sie stammt aus dem letzten Satz der neunten Sinfonie von Ludwig van Beethoven.
Ob Flagge hissen und Hymne singen die richtigen Mittel seien, um für Europa zu werben, sei im Vorfeld heftig diskutiert worden. „Nicht jeder fand das gut“, erinnerte sich Unser-Dorf-Vorsitzende Brigitte Weiß. Doch schließlich würde auch vor den Fußballspielen regelmäßig gesungen, meinte sie.
"Hauptsache nicht extrem links oder rechts"
In ihrer Ansprache betonte sie die Notwendigkeit die schweigende Mehrheit aufzurütteln. Damit der seit 74 Jahren andauernde Frieden gewahrt bleibe, müssten die Ideen einer „bunten, friedliebenden Europäischen Union verteidigt werden“, erklärte sie unter Beifall. Das ergänzte Gemeinderätin Susanne Mörtl (SPD) mit einem plastischen Vergleich. Sie spannte ihren mit leuchtenden Blumen bedruckten Regenschirm auf und meinte, „so bunt wie mein Schirm soll Europa sein“. Aus allen Parteien waren Vertreter gekommen, um kurze Grußworte zu sprechen und die Teilnehmer aufzufordern zur Wahl zu gehen und europafreundliche Listen zu wählen. „Hauptsache nicht extrem links oder rechts“, sagte Andreas Lechermann (CSU).
Am 26. Mai stellen sich 41 Listen zur Wahl. Im Gegensatz zur Kommunalwahl ist die Europawahl aber einfach: „Jeder hat nur eine Stimme und darf nur ein Kreuz machen“, erklärte Weiß.
Horst-Günter Heuck hatte die Veranstaltung recht spontan initiiert. Er habe sich Sorgen darüber gemacht, dass „aus natürlichem Patriotismus ein Nationalismus und populistische Arroganz geworden ist“. 1952 sei die Europäische Union gegründet worden, die mittlerweile 28 Nationen Unterschlupf und Sicherheit gegen den Bedrohungen an ihren Grenzen gewähren würde. „Nie wieder Krieg“ sei das Motto der EU. „Diesen Status müssen wir erhalten“. Neben dem eher abstrakten Begriff „Frieden“ gibt in einem geeinten Europa konkrete Vorteile wie die einheitliche Währung oder die offenen Grenzen. Aber auch Angebote wie den Interrail-Pass oder das Erasmus-Austauschprogramm für Studierende seien dank der EU ermöglicht worden. „Lassen Sie uns über Europa sprechen“, forderte Heuck die Weßlinger auf. Nach der Kundgebung wurde die Flagge wieder eingeholt. Sie soll jetzt auf einem Privatgrundstück aufgestellt werden, denn die Gemeinde hat keinen eigenen Fahnenmast für die blaue Flagge mit den zwölf goldenen Sternen. „Bei uns werden nur die Deutschland-, die Bayern- und die Gemeindefahne gehisst“, bedauerte der zweite Bürgermeister Michael Sturm. Gemeinsam mit Lechermann möchte er sich jetzt dafür einsetzen, dass ein vierter Fahnenmast aufgestellt wird, an dem dann bei den angeordneten Fahnentagen auch die Europaflagge wehen soll.
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