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Poesie zum Wenden

"Das Gedicht" thematisiert 30 Jahre Mauerfall

Anton G. Leitner überprüft in der Druckerei den Buchumschlag zum Wenden. (Bild: Deiningen)

Eine schwere Krankheit hatte ihn monatelang geschwächt, dann gab es unschöne anonyme Email-Attacken und ein Blitz hat in seinen Weßlinger Verlag eingeschlagen – trotz all dieser Widrigkeiten hat es Anton G. Leitner doch geschafft. Zwar mit Verspätung, dafür mit einem aufsehenerregenden Cover, ist der 26. Band von „Das Gedicht“ erschienen mit dem „wohl schönsten Gedicht-Umschlag, den wir je gemacht haben“, so Leitner. 2019 jährt sich der Mauerfall zum 30. Mal. Grund genug für Leitner einen poetischen Blick auf die unterschiedlichsten Wendepunkte zu werfen. Im Buch sind zwei Anthologien („Wendepunkte“ und „Der poetische Dreh“) vereinigt. Die eine ist mehr gesellschaftspolitisch gewichtet, die andere eher auf persönliche Sichtweisen bezogen, erklärt Leitner. Dazu hat Grafiker Peter Boerboom den Buchumschlag zum Wenden gestaltet. Auf der einen Seite beginnt das Buch mit neongelben Elementen auf schwarzem Untergrund mit einem Vorwort von Anton G. Leitner, dreht man das Ganze um, dann sind die Elemente schwarz auf neongelben Hintergrund und Melanie Arzenheimer hat das Vorwort geschrieben.

Es sind Gedichte voller Wortwitz, Leichtigkeit, mit Tiefgang und zum Nachdenken. Zum Beispiel schrieb Anna Breitenbach: „Weil das Nahe bei ihm nicht zu finden war, suchte sie das Weite“ und bei Sabine Minkwitz heißt es: „Die Mauer war da betoniertes System. Aber von beiden Seiten rannten wir an gegen sie. Dann hatten wir das Wort 'unverzüglich' und das Tor öffnete sich endlich brandenburgisch“.

Lyrikstier macht ein Jahr Pause

Den Lyrikstier, ein poetischer Wettstreit, lässt Leitner in diesem Jahr pausieren, „ich fühle mich gesundheitlich noch nicht in der Lage so eine komplexe Veranstaltung zu organisieren“, erklärte er den 5-Seen-Wochenanzeigern. „Am 21. März 2020 kehr er zurück zum Welttag der Poesie“, freut sich Leitner. Nach dem „Aus“ des Gasthof Schusters in Hochstadt haben die Lyrikseminare wieder eine neue Heimat im Gasthof Il Plonner in Oberpfaffenhofen gefunden. Dort soll auch der nächste Lyrikstier stattfinden. „Kleiner, feiner und vor allem überschaubarer“ soll die Veranstaltung werden, die das letzte Mal im Gautinger „Bosco“ stattgefunden hatte. „Wir wollen keine neuen Rekordmarken brechen, sondern uns wieder auf den sehr persönlichen und individuellen Kern der Veranstaltung und des begleitenden Seminars konzentrieren“, meint Leitner.

Die Festlesung zu „Das Gedicht 26“ in München ist am 14. März 2019 im Münchner Lyrik Kabinett, Amalienstraße 83 a. Poeten aus ganz Deutschland werden Gedichte vortragen. Karten gibt es im Vorverkauf über service@dasgedicht.de.

"Der Himmel von Morgen"

Aber das ist nicht alles. Als einen der wenigen Glanzpunkte im vergangenen Jahr bezeichnete Leitner, dass bei Reclam „die wohl schönste und vielleicht auch beste Anthologie“ erschienen ist. „Der Himmel von Morgen“ enthält Gedichte über Gott und die Welt. Der Weßlinger Herausgeber hat 100 neue Gedichte von 90 zeitgenössischen Lyrikern zusammengetragen. Zum Beispiel haben Josef Brustmann, Gert Heidenreich, aber auch Leitner selbst, Gedichte beigesteuert. „Der Tod reißt uns dann und wann aus dem Schlaf. Mit offenen Augen leben wir weiter (…). Man freundet sich an mit dem Nichts – in blinder Erwartung“.

„Der Wert eines Gedichts ist unschätzbar und lässt sich nicht in Zahlen ausdrücken“, betont Leitner. Gerade in einer Zeit, in der Geld vielen Menschen alles bedeute, „ist das Verfassen und Verbreiten von Poesie die vielleicht elementarste Form des friedlichen Protests gegen die totale Ökonomisierung unserer menschlichen Existenz“.

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