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Musterhafte Integration

Heimische Betriebe sind stolz auf ihre neuen Gesellen

Die Prüfung ist mit Bravour bestanden. Hamid Noori (von links), Mohammed Ali Merzai und Abdoulaziz Maiga mit ihren Ausbildern (zweite Reihe) Markus Müller (Rogorsch & Strobl), Laurenz Krüger und Ludwig Gansneder. Dahinter die Paten und Helfer vom Asylkreis und Bürgermeister Rainer Schnitzler. (Bild: Hauck)

Wenn das mal keine gelungene Integration ist: Mohammad Ali Merzai aus Afghanistan kommt sogar in der zünftigen Lederhose zu der kleinen Feier im Pöckinger Rathaus, Abdoulaziz Maiga aus Niger in der waschechten Zimmermannskluft und auch Hamid Noori, ebenfalls aus Afghanistan, hat sich für den Anlass feingemacht. Vor sechs Jahren konnten die drei jungen Männer noch kein Wort Deutsch sprechen, jetzt halten sie stolz und überglücklich ihren Gesellenbrief in den Händen. Mit ihnen freuen sich ihre Ausbilder, ihre Paten und Helfer vom Asylkreis.

Tolle Leistung

„Sie haben einen tollen erfolgreichen Weg hinter sich“, lobte Bürgermeister Rainer Schnitzler ihre Leistung. Alle drei kamen nach langer Odyssee mit der großen Flüchtlingswelle 2015 nach Deutschland und wohnten die erste Zeit im Zelt, später im Containerdorf. Im von der Kirche eingerichteten „Cafe International“ lernten sie ihre "Paten" kennen, die ihnen bei der Integration halfen. „Allein schafft man es nicht“, sagte Schnitzler und würdigte besonders das Ehepaar Fuchs, Eva Grünbeck und Hildegard Bauer. Im Berufsschuljahr hätten sie Deutsch gelernt und verschiedene Praktika gemacht, erzählt der 24-jährige Mohammed Ali, der seine Prüfung als Anlagenmechaniker auf Anhieb bestanden hat. Beim Starnberger Sanitär- und Heizungsbetrieb Krüger habe es ihm auf Anhieb gefallen, und ganz besonders dankte er einem Kollegen, der ihn unter die Fittiche nahm. Einen ähnlichen Weg schlugen Abdoulaziz und Hamid ein. Auch ihnen haben einheimische Betriebe eine Lehrstelle nach einem Praktikum angeboten. Ihre Ausbilder waren voll des Lobes. „Wir sind sehr zufrieden“, berichtet Laurenz Krüger, der Enkel des Firmengründers der Starnberger Firma. „Er ist der erste Flüchtling, der bei uns die Ausbildung fertig gemacht hat. Er fährt allein auf die Baustelle und seine Arbeitszettel sind besser ausgefüllt als bei manchem deutschen Mitarbeiter.“

Zielstrebig und höflich

Nur Gutes hatte auch Markus Müller vom Andechser Bauunternehmen Rogorsch und Strobl über seinen Maurergesellen Hamid Noori (22) zu sagen: „Wir brauchen händeringend gute Leute und Hamid war ein Glücksfall“, so Müller. „Er ist ein zielstrebiger und höflicher junger Mensch, der etwas werden will. Leute wie er verdienen eine Chance.“ Bei Abdoulaziz (35) hingegen drohte die Lehre in der Sackgasse zu enden. Nach einem guten Start beim Pöckinger Traditionsbetrieb Gansneder folgte eine zweijährige Zwangspause wegen unverschuldet fehlender Papiere, bis er dann doch endlich die langersehnte Arbeitserlaubnis erhielt. Nun ist auch der junge Mann aus Niger, der in seiner Heimat einen kleinen Sohn hat, frischgebackener Zimmerer. Das gute Verhältnis zu seinem Lehrherrn merkt man ihm an. „Ich danke meinem Chef, dass er zu mir Vertrauen hatte“, sagte er. Auch der war happy. „Hut ab, wie schnell er gelernt hat“, sagte Ludwig Gansneder, der es als eine moralische Verpflichtung sieht, jungen Geflüchteten den Weg zur beruflichen Integration zu ebnen. „Mir hat das viel Spaß gemacht.“

Bürokratischer Kampf

Wenig positiv fällt hingegen das Fazit der ehrenamtlichen Helfer über die bürokratischen und administrativen Hürden aus. „Es war bei allen dreien ein Kampf“, meinte Eva Grünbeck. Im Fall von Abdoulaziz sei man im Landratsamt regelrecht gegen eine Wand gelaufen, sagte Christoph Plathner. Und auch jetzt heißt es für die drei Gesellen wieder warten – auf die Aufenthaltsgenehmigung, die schon längst hätte da sein sollen. Was außer dem Zittern um die Genehmigungen am schwierigsten war? „Die deutsche Sprache“, meint Mohammed Ali, der sie wie die beiden anderen mittlerweile nahezu fließend spricht. Im Sechserzimmer im Container war es schwierig, sich zu konzentrieren. Für Hamid und Abdoulaziz fanden sich glücklicherweise private Alternativen, und die Firma Krüger mietete für Mohammed Ali sogar ein kleines Gartenhäuschen an, damit er ungestört lernen konnte. Nun haben die drei nicht nur ihren Gesellenbrief in der Tasche, sondern auch einen festen Job, denn ihre Ausbildungsbetriebe haben sie übernommen. Die heimische Wirtschaft braucht sie.

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