Ludwigs Sternenzauber
Neue Ausstellung zeigt das rekonstruierte Schlafzimmer des Königs
Das Schlafgemach lässt bekanntlich tief blicken. Wenn sich Ludwig II. in Schloss Hohenschwangau zur Ruhe begab, leisteten ihm nicht nur nackte Nymphen und edle Kreuzritter Gesellschaft. Vom künstlichen Nachthimmel aus schienen Hunderte funkelnder Sterne auf ihn herab. Dafür hatte der König in die Zimmerdecke lauter kleine Löcher bohren und mit Kristallen verschließen lassen. Um die Illusion perfekt zu machen, brauchte es nur noch eine Beleuchtung von oben. Wenn der König ins Bett ging, hatten Diener in der Etage darüber Kerzen anzuzünden.
Künstlicher Nachthimmel
Der beleuchtbare Himmel wurde schon bald nach Ludwigs Tod abgebaut, weil man das obere Zimmer brauchte. Erhalten sind keine Fotos, nur ein paar Beschreibungen. Umso spektakulärer ist deshalb die Rekonstruktion des Tasso-Schlafzimmers in der neuen Ausstellung „Im Schein der Sterne – Geschichten vom Nachthimmel“ im Museum Starnberger See.
Der Bauhof half beim Kulissenbau tatkräftig mit. „Es ist bis ins Detail nachempfunden“, erklärt Benjamin Tillig zu Recht mit Stolz. Der Museumsleiter weist auf den ausgesägten Mond an der Decke hin, der sich mit Hilfe einer Klappe wahlweise in einen Voll- oder Halbmond verwandeln kann. Um die raumhohe Wandbemalung zu rekonstruieren, wurde das Hohenschwangauer Gemach fotografiert und ein Tapetendruck aufwändig hergestellt.
Die Motive nach Entwürfen von Moritz von Schwind erzählen das Gedicht „Das befreite Jerusalem“ von Torquato Tasso. Die Malereien mit den vielen sich im Wasser räkelnden hüllenlosen Damen dürften aber mehr dem Geschmack des Vorgängers und Auftraggebers König Max entsprochen haben. Ludwig selbst ließ sich lieber die personifizierte Nacht an die Decke malen, die ihre zwei Kinder in den Armen hält – den Schlaf und den Tod. Heutzutage braucht es allerdings keine Kerzen mehr zur Beleuchtung – Glühbirnchen tun diesen Dienst.
Kulturgeschichte der Sterne
Die mit Fördergeldern unterstützte Sonderausstellung ist die umfangreichste in der Geschichtes des Museums und war schon lange in der Mache. Es geht um die kulturhistorische Betrachtung der Sterne. „Sie sind eine Projektionsfläche für die Menschen“, so Historikerin Angela Müller vom Museumsteam. Wegen Corona konnte die Ausstellung erst mit einem Jahr Verspätung eröffnen. Doch gerade wegen der Pandemie hat sie umso mehr an Bedeutung gewonnen. Viele Leute haben sich im Lockdown ein Teleskop gekauft und die Sternenschau als neues Hobby entdeckt. Für den Museumsleiter ist dieses Verhalten ganz typisch. „Immer wenn Unsicherheit auf der Erde herrscht, geht der Blick zum Himmel.“
Spannende Künstler
Seit Jahrtausenden beobachten die Menschen den Nachthimmel, in den wandernden Gestirnen erkannten sie mythische Figuren aus ihren eigenen Lebenserfahrungen und versuchten mit ihrer Hilfe die Zukunft zu deuten. Sie stellten sich außerirdisches Leben vor und wagten später selber die Reise zum Mond. Die sehenswerte Ausstellung im Museum Starnberger See erzählt Geschichten der Sternbeobachtung von der Frühzeit bis heute und verbindet regionale Vergangenheit und Gegenwart mit fernen Kulturen.
Im zweiten Teil der Ausstellung geht es um moderne Kunst, sie wird im alten Lochmann-Haus präsentiert. Dieser Kontrast ist eine spannende Sache. Kühne Lichtinstallationen und pfiffige Ideen machen sich gut vor betagtem Gebälk. Acht namhafte Künstler zeigen ihren Blick auf die Sterne – mal zum Staunen, mal zum Nachdenken. Wer sich‘s näher erklären lassen möchte, kann auf einen Audioguide zurückgreifen. Die Ausstellung läuft bis Januar 2022. Das Museum ist wieder geöffnet. Für den Besuch ist es zurzeit lediglich notwendig, sich vorab eine Eintrittszeit zu buchen.
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