Links und rechts der Römerstraße
Mit dem Rad auf den Spuren der Vergangenheit
Den Tag des offenen Denkmals beging der Gilchinger Verein Zeitreise, mit einer archäologischen Radltour zu den Hotspots bajuwarischer, römischer und frühmittelalterlicher Besiedlung Gilchings. Abschließend war ein Besuch im Werson-Haus vorgesehen, wo die kostbaren Fundstücke aus der provinzialrömischen Zeit erst kürzlich in der Dauerausstellung SchichtWerk ihren festen Platz gefunden haben.
Straßen und Lebensadern
Treffpunkt für die zweistündige Zeitreise war am frühen Nachmittag der Gilchinger Marktplatz. Zum Dreh- und Angelpunkt der Route wurde die Römerstraße erkoren, die seit 2000 Jahren die Hauptverkehrsachse Gilchings sowie der gesamten Provinz Rätien bildet. Die Gilchinger Römerstraße war Teil der sogenannten Via Julia, die von Gauting kommend über Gilching, Steinlach, Holzhausen und Schöngeising nach Augsburg führte und zu den wichtigsten römischen Heer- und Handelswegen zählte. Entsprechend viele archäologische Funde, nicht allein aus römischer Zeit, konnten und können immer noch links und rechts der Römerstraße sichergestellt werden und legen das Zeugnis einer überaus reichen und konstanten Besiedelung Gilchings ab. Auch in nachrömischer Zeit blieb das römische Fernstraßennetz die Lebensader wirtschaftlichen Wachstums. So ist davon auszugehen, dass die Via Julia Teil der Salzstraße wurde, die eine der bedeutendsten Handelswege des Mittelalters war. Zu den bekanntesten Funden aus römischer Zeit gehört der Gilchinger Römerstein aus der Zeit um 200 n. Chr. Das Original des Meilensteins ist während des 2. Weltkriegs in einem Münchner Museum verbrannt, sodass an der Ecke Römerstraße/Rathausstraße und im SchichtWerk nur eine Nachbildung davon zu sehen ist.
Unsichtbares sichtbar machen
Das Fehlen des konkreten Anschauungsmaterials, das längst unter den Kulturschichten vergangener Epochen verborgen liegt, macht die sonntägliche Radtour auf den Spuren der Geschichte eher zu einer virtuellen Zeitreise, die der Fantasie der Teilnehmer einiges abverlangt. Manfred Gehrke, der die Tour begleitet, tut sein Bestes, um die Defizite im topografischen und historischen Wissen seiner Schützlinge auszugleichen, indem er an allen Haltepunkten geduldig Nachhilfe erteilt. Und so führt er die Kulturradler zu einer der jüngsten Ausgrabungsstätten im Ort, in die Weßlinger Straße zur neuen Seniorenresidenz, wo der Verein Zeitreise bei der Bergung etlicher Funde darunter einem römischen Ass mit dem Konterfeit eines spätrömischen Kaisers, selbst Hand anlegen durfte. Die Fotos davon machen die Runde und weiter geht es durchs Altdorf, vorbei an der Kirche St. Vitus und hinauf zur längst abgetragenen Gilchinger Burg unterhalb des Friedhofs. Von dort genießt die Gruppe den Blick in Richtung Steinlach und erkennt mit etwas gutem Willen sogar, was Manfred Gehrke über Bauweise und Verlauf der Römerstraße, die unsichtbaren Reste einer römischen Villa Rustica und einer keltischen Viereckschanze zu berichten hat. Die mitgebrachten Skizzen und Luftaufnahmen helfen auf die Sprünge. Auf freier Flur erfahren die Radler viel über die frühe Landwirtschaft in Gilching, über Feldfrüchte und Erträge und, dass altes Ackergerät die sogenannten Wölbäcker erschuf, die sich noch immer in der Landschaft abzeichnen.
Wissen macht hungrig
Ein kleiner Bogen ins ehemalige Industriegebiet der Bajuwaren, die ihre Werkstätten in längst von der Zeit hinweggerafften Grubenhäusern eingerichtet hatten, bringt die Ausflügler ans Ziel der Reise, nämlich zum Museum SchichtWerk. In der klug gestalteten Dauerausstellung hat die Gruppe die Möglichkeit, einen Teil der Fundstücke im Original oder in einer originalgetreuen Kopie zu betrachten. Am Schluss gibt es noch einen köstlichen römischen Imbiss, den nette Damen des Vereins für die Radler vorbereitet haben.
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