Lieber lang als bang
So startet der "Literarische Herbst" in die Saison
Erstmals wird die beliebte Veranstaltungsreihe "Literarischer Herbst" nicht in der gewohnten Gestalt, sondern in einem neuen Format präsentiert. Dazu sehen sich die künstlerischen Leiter aufgrund der Corona-Sicherheitsvorkehrungen veranlasst. "Wir müssen die Veranstaltungen weiter auseinanderziehen, sie finden mit mehr zeitlichem Abstand statt und wir planen mit mehr Reserve", sagte Gerd Holzheimer bei der Vorstellung des aktuellen Programms zu den Vorsichtsmaßnahmen. So werde die Reihe nach dem Auftakt im September und Oktober im Frühjahr fortgesetzt beziehungsweise der eine oder andere besonders gefragte Programmpunkt wiederholt.
Weiter im Frühjahr
Sie hätten immer wieder daran gezweifelt, ob der "Literarische Herbst" überhaupt stattfinden könne, berichtete Elisabeth Carr über die vergangenen Monate. "Aber dann haben wir uns kurzfristig, aber mit aller Kraft entschieden, weiterzumachen." Ein großes Problem sei die Suche nach geeigneten Veranstaltungsorten gewesen. "Wochenlang sind wir in der Gegend herumgefahren, um große luftige Räume und Außenräume in der Natur zu suchen", erzählte Carr. Kulturreferentin Barbara Beck hingegen hatte nie ernsthaft an eine Zwangspause geglaubt: "Irgendwas geht bei euch doch oiwei", zeigte sie sich von dem "besonderem Händchen" des Veranstaltungsduos überzeugt. Der "Literarische Herbst", die vor 18 Jahren ins Leben gerufene Reihe, deren Schirmherrschaft Landrat Stefan Frey von seinem Vorgänger Karl Roth übernommen hat, sei längst zu einer eigenständigen Erfolgsgeschichte geworden, weil er die Türen zu sonst verschlossenen Räumen öffne: "Als Landkreisbürger kommt man hin, wo man schon immer hat hin wollen."
Das Programm
Wegen des Kick-Starts in die Saison haben zwei Veranstaltungen bereits stattgefunden: eine spannende Spurensuche zu Korbinian Aigner, dem weltberühmten "Apfelpfarrer", dem als KZ-Häftling während des berüchtigten Todesmarsches 1945 in Aufkirchen die Flucht gelang (Bericht folgt) und eine Hölderlin-Lesung in einer Holzwerkstatt.
Weiter steht auf dem Programm: Ein ganzes Wochenende rund um das berühmte Verlegerehepaar Kurt und Helen Wolff und seine expressionistische Autorenelite wie Franz Kafka, Franz Werfel, Robert Werfel, Karl Kraus und Georg Trakl. Aufhänger dafür ist der zeitweilige Wohnsitz Kurt Wolffs in Berg während der Zwanziger Jahre. "Leider lässt sich nicht mehr herausfinden, wo genau", bedauerte Holzheimer. Die Veranstaltung (2. bis 4. Oktober) findet zusammen mit der VHS München (Anmeldung nur dort) in Haus Buchenried statt.
Darauf folgt am 26. Oktober ein literarischer Spaziergang durch das malerische Bernried, das vor 100 Jahren viele Künstler angezogen hat. Maler wie Carl Spitzweg, Moritz von Schwindt oder Franz von Defregger ließen sich hier inspirieren. Olaf Gulbransson feierte im Salettl des Gasthofs Drei Rosen seinen Polterabend. Am 14. November ist der "Literarische Herbst" zu Gast an einem Ort, wo einst die Bilder laufen lernten, und zwar im ehemaligen "Schlosstheater", in dem heute das Starnberger Familienunternehmen Schuhhaus Linse zuhause ist. "Der aufrechte Gang - Let's go" ist die Veranstaltung passend betitelt, die sich dem Thema Schuh literarisch und poetisch nähert. Auch eine Begegnung mit einer zeitgenössischen gefeierten Schriftstellerin wird ermöglicht. Volha Hapeyeva aus Weissrussland lebt zurzeit als Stipendiatin in der Villa Waldberta in Feldafing. Sie wird aus ihren Werken lesen und Fragen zur Kultur und Situation ihres Landes beantworten. Termin und Treffpunkt werden noch bekanntgegeben. Anmeldung zu den Veranstaltungen unter www.kunstraeume-am-see.de im Internet.
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH