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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Keusche Liebe statt heißer Sex
Pöckinger Historikerin beleuchtet Lola-Montez-Affäre neu
An Literatur zu Lola Montez besteht eigentlich kein Mangel: „Sechzig Romane und ebenso viele Biographien“, zählt Marita Krauss auf. Dennoch hat die Pöckinger Historikerin zum 200. Geburtstag dieser berühmten Frau ein weiteres Werk zugefügt. Und es hat sich gelohnt: Krauss hat als erste Lola-Biografin einen Blick in die Tagebücher von König Ludwig I. tun dürfen, wie sie neulich bei einer Livestream-Lesung zu ihrem neuen Buch im Pöckinger Bürgerhaus Beccult verriet. Skandalumwittert, verschwendungssüchtig, exzentrisch – so lautet meist das Urteil über Lola Montez (1821-1861), die sich den bayerischen König so hörig gemacht haben soll, bis sie vom aufgebrachten Volk davongejagt wurde. „Es war aber gar keine heiße Sex-Affäre“, räumt Krauss mit den alten Gerüchten auf. „Es war eine keusche Liebe mit viel Händchen halten.“ Der alternde König war hingerissen von seiner Lolita, wie er sie schwärmerisch nannte, einer Kindfrau, die ihm erzählte, sie sei 21 Jahre alt, obwohl sie „schon“ 25 war, und die ihm bei einer Audienz vorgestellt worden war. „Das 60-jährige Bürschchen ist wieder etwas verliebt, fühlt sich wieder jung“, schrieb der König über sich selbst in seinen Memoiren und notierte später eitel: „Mein feines Seidensamthaar gefiel ihr.“ Sie führten geistreiche Gespräche, hielten mittags gern eine Siesta in den Gemächern. „Hand in Hand und völlig angekleidet.“
Doch verliebt!
Später habe es wohl doch eine vereinzelte gemeinsame Nacht gegeben, so die Historikerin. Und dann wurde Lola auch schon launisch und fordernd, war mit dem Gräfinnentitel nicht zufrieden, forderte sündhaft teures Geschmeide und hatte überhaupt „Wunsch auf Wunsch“, wie der König bitter vermerkte. Jahre später starb sie mit 39 an einer Lungenentzündung in New York. Dass sie nie in ihn verliebt gewesen sein soll, wie in einer amerikanischen Zeitung stand, wurmte den König anscheinend sehr. „Sie war es aber am Anfang!“ schrieb er trotzig in seinem Tagebuch.
Neue Biographie
Ich habe den Mannsbildern immer den Fehdehandschuh hingeworfen, lautet der Untertitel zu Krauss‘ Biographie zu der als Eliza Gilbert geborenen Irin, die sich nach Frühehe und gesellschaftlich unmöglicher Scheidung als die Kunstfigur Lola Montez neu erfand und als spanische Tänzerin vor Königen und Zaren auftrat. „Sie war aber keine Skandalnudel, die sich jedem angedient hat, sondern elegant und distanziert“, beschreibt Krauss die große Wirkung dieser selbstbewussten Frau, die in ihren Dreißigern mit der Theatertournee „Lola Montez in Bavaria“ und als Vortragsreisende in den USA ihr eigenes gutes Geld verdiente. In Europa und besonders dem katholischen Bayern empörte sie die Menschen wegen ihres nonkonformen Verhaltens. „Aber die meisten Gerüchte über sie sind erfunden“, stellt ihre Biographin klar.
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