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Rubrik: Gesamt · Ort: fuenfseenland
Junge Radler unter besonderer Obhut
Den Schulweg mit den Kindern schon mal üben
Am Dienstag, 10. September, fängt die Schule in Bayern wieder an. Für Eltern und Kinder heißt es dann wieder pünktlich losgehen, damit alle rechtzeitig in Job und Unterricht sind. Auch rund 100.000 Erstklässler kommen in Bayern pro Schuljahr hinzu, die dann häufig nach einer Eingewöhnungsphase gemeinsam mit Mama oder Papa den Schulweg per Rad antreten.
Die Infrastruktur für junge Radfahrerinnen und Radfahrer in Herrsching und Umgebung ist noch immer alles andere als kindergerecht. „Mehr als 15 Unfälle mit Personenschaden sprechen für sich. Familien haben Angst, ihre Kinder auf die Straßen zu lassen. Kinder sind immer noch Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse, wenn man sich die Radwege in unseren Orten anschaut“, kommentiert Thomas Allner-Kiehling, Ortsgruppensprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Herrsching und Umgebung. „Wir raten Eltern, noch in den Sommerferien gemeinsam mit den Kindern den Schulweg probehalber entlangzufahren, damit die Strecke sitzt, wenn es ernst wird.“ Der kürzeste Radweg zur Schule ist nicht zwingend der sicherste. Eltern sollten einen möglichst verkehrsarmen Schulweg mit wenigen Kreuzungen, Einfahrten und Überquerungen aussuchen und diesen mit ihren Kindern üben.
Manche Schulen haben Schulwegepläne entwickelt, in denen die sichersten Wege eingezeichnet sind. Als Eltern sollte man gezielt nachfragen, ob es Schulwegpläne gibt oder diese anregen.
Perspektivwechsel ist bei Eltern gefragt
Nur weil ein Kind Radfahren kann, heißt das nicht, dass es schon das Bewusstsein für die verschiedenen Verkehrssituationen hat. Was für Erwachsenen selbstverständlich ist, können Kinder bis zu einem bestimmten Lebensalter nicht leisten. Erst ab dem achten Lebensjahr etwa sind sie in der Lage, Gefahren im Verkehr richtig einzuschätzen. Kinder neigen zum Tunnelblick, sie vergessen rechts und links zu schauen. Auch Geschwindigkeiten und Abstände können sie noch nicht richtig einschätzen. Erst ab neun Jahren sind junge Radlerinnen und Radler in der Lage, die Richtung eines Geräusches korrekt wahrzunehmen. Kinder unter zehn Jahren haben zudem eine deutlich längere Reaktionszeit – erst mit 15 Jahren ist diese gleich kurz wie bei einem Erwachsenen.
Fahrrad Know-how geduldig vermitteln
Kinder sind sicherer im Straßenverkehr unterwegs, wenn sie die Grundfunktionen ihres Fahrrads verstehen und sich mit dem Zubehör auskennen. „Nehmen Sie sich Zeit, Ihrem Kind die wichtigen Zusammenhänge zu erklären. Wenn Sie sich selbst nicht auskennen mit Fahrrädern, dann schauen Sie sich zum Beispiel die Fahrradseite der ‚Sendung mit der Maus‘ an“, rät Petra Husemann-Roew, Vorsitzende ADFC Bayern.
Die absoluten Basics für ein verkehrssicheres Fahrrad sind einwandfreie und leicht reagierende Bremsen, eine laute Klingel und ein passender Helm. Das Fahrrad des Kindes ist so eingestellt, dass es jederzeit bequem mit beiden Füßen auf den Boden kommt. Die Beleuchtung vorne und hinten funktioniert und ist idealerweise frei von Schmutz und Schlamm – Reflektoren an den Speichen sorgen dafür, dass die kleinen Radfahrer und Radfahrerinnen auch von der Seite gesehen werden. Nicht vergessen, Eltern sind Vorbilder und sollten deshalb beim gemeinsamen Fahren einen Helm tragen.
Sichtbarkeit von Kindern erhöhen mit Reflektoren und LEDs
Gerade im Herbst passieren viele Unfälle mit Kindern, die sich jedoch mit der richtigen Ausstattung vermeiden lassen. Untersuchungen zeigen, bei dunkler Fahrradkleidung nehmen PKW-Fahrer Radfahrende frühestens aus einer Entfernung von 25 Metern wahr, bei heller Kleidung dagegen schon aus vierzig Metern. Tragen Kinder zusätzlich reflektierende Sicherheitswesten oder Reflektoren an Helm und Kleidung, dann erhöht sich die Sichtbarkeit um ein Vielfaches. Erhöhte Sichtbarkeit bieten auch Fahrradwimpel, deren Stangen teilweise sogar mit LEDs ausgestattet sind und wie Star-Wars-Schwerter leuchten und blinken. So macht Sicherheit auch den Kindern Spaß.
Sondervorschriften für Rad fahrende Kinder
Bis zum achten Geburtstag müssen Kinder auf dem Gehweg fahren, seit 2016 dürfen sie auch baulich getrennte Radwege benutzen. Radfahrstreifen oder Schutzstreifen sind für die kleinen Radfahrerinnen und Radfahrer tabu. Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen den Gehweg benutzen, können aber auch auf dem Radweg beziehungsweise auf der Fahrbahn fahren. Auf Gehwegen dürfen sie durch eine mindestens 16 Jahre alte Aufsichtsperson auf dem Fahrrad begleitet werden.
Routine gewinnen durch gemeinsames Radeln
Kinder haben von Haus aus noch ungebremste Freude an Bewegung und können sich mit dem Fahrrad ein erstes Stück Freiheit und Unabhängigkeit erradeln. Damit diese Begeisterung erhalten bleibt, sind in erster Linie die Eltern gefordert, ihren Kindern verkehrsgerechtes Verhalten beizubringen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Kinder auf dem Gehweg absteigen und ihr Rad schieben müssen, wenn sie an eine Einmündung kommen und die Straße überqueren wollen. „Um Routine im Straßenverkehr zu gewinnen, sollten Eltern regelmäßig mit ihren Kindern im Alltag mit dem Rad unterwegs sein und sie so Schritt für Schritt und altersgerecht an das Radfahren heranführen. Dann ist das Kind bei der Fahrradprüfung schon ein kleiner „Radprofi“, der dann auch ohne Elternbegleitung gut zurechtkommt“, erklärt Petra Husemann-Roew. Die Fahrradprüfung findet in der vierten Klasse statt. Manche Schulen raten davon ab, dass Schüler vor bestandener Fahrradprüfung mit dem Rad zur Schule kommen. Ist die Umgebung der Schule verkehrstechnisch gefährlich, sollte man diesen Rat ernstnehmen. Entsteht die gefährliche Schulumgebung durch Elterntaxis, sollten Eltern gemeinsam mit der Schule und/oder der ADFC-Ortsgruppe nach Alternativen suchen.
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